Für die Eltern von krebskranken Kindern stehen auch andere Sachen im Vordergrund. Etwa, dass sie nicht zuerst zur allgemeinen Notfallaufnahme müssen, wenn sich der Zustand des Kindes plötzlich verschlechtert, sondern direkt zu uns auf die kinderonkologische Abteilung kommen können. Wir haben in unserer Studie zudem gesehen, dass viele Familien sehr dankbar sind für die Unterstützung durch die psycho-onkologische Begleitung oder durch den Sozialdienst. Er kann den Eltern zum Beispiel darin behilflich sein, bei ihrem Arbeitgeber einen Betreuungsurlaub zu beantragen. Viele Eltern sind auch froh um die Ernährungsberatung, denn sie zeigt ihnen auf, was sie selbst machen können, um den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen.
Offenbar sind vielen Eltern auch Angebote ausserhalb der eigentlichen medizinischen Behandlung sehr wichtig.
Ja, wir Kinderonkologinnen und -onkologen leisten nur einen kleinen Anteil. Wir gehören zu einem grossen Team, das den betroffenen Kindern – sowie ihren Geschwistern und Eltern – beisteht. Wichtig ist, dass wir dabei alle am gleichen Strick ziehen. Auch das sollen die Qualitätskriterien sicherstellen.
Sind Sie vonseiten Ihrer Kolleginnen und Kollegen auch auf Widerstand gestossen?
Nein, im Gegenteil. Wir haben sehr positive Reaktionen erhalten. Und viel Anerkennung für das Verfahren, das wir gewählt haben. Uns war schon vor dem Start dieses Projekts bewusst, dass alle neun Kinderkrebszentren in der Schweiz bei der Behandlungsqualität sehr gut abschneiden. Das zeigt sich in den hohen Überlebensraten, die hiesige Kinderkrebsbetroffene im internationalen Vergleich aufweisen. Ich denke, darauf dürfen wir alle stolz sein. Gleichzeitig ist es unserer Ansicht nach wichtig, die Qualität anhand von klar definierten und nachvollziehbaren Kriterien zu messen und die Resultate transparent zu machen. Das hilft einerseits den Kinderärztinnen und -ärzten, sich ein genaues Bild vom Kinderkrebszentrum zu machen, an das sie bei Bedarf ihre jungen Patientinnen und Patienten schicken. Und andererseits hilft der Qualitätsnachweis auch betroffenen Familien. Für viele Eltern ist es beruhigend zu erfahren, dass ihr Kind in einem Spital behandelt wird, das hohe Qualitätsansprüche erfüllt. Die offengelegte Qualität versichert ihnen, dass ihr Kind in guten Händen ist – und dass wir uns mit vereinten Kräften und nach bestem Wissen und Gewissen um das Wohlergehen des Kindes kümmern.
Wie geht es nun nach Abschluss dieses Forschungsprojekts weiter?
Wir starten bei uns am Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen ein Testprojekt: Wir schauen, wie wir die Qualitätskriterien ohne grossen zusätzlichen Aufwand im klinischen Alltag erfassen können. Denn wir wollen keinen Papiertiger, sondern ein alltagstaugliches Instrument erschaffen, das sinnvoll in unsere Arbeitsabläufe integriert werden kann.
Projekt-Nummer: HSR-5219-11-2020