Krebsforschung SchweizUnser EngagementWir bringen die Krebsforschung den Menschen näherIm Gespräch mit…Im Gespräch mit…

«Ich wünsche meinem Nachfolger die gleiche Freude, die mich erfüllt hat»

Nach 13 Jahren als Präsident der Stiftung Krebsforschung Schweiz übergibt der St. Galler Onkologe Thomas Cerny sein Amt an Jakob Passweg aus Basel. Das Gespräch mit den beiden zur Stabsübergabe – über Meilensteine, Wünsche und neue Ziele.

Prof. em. Dr. med. Thomas Cerny & Prof. Dr. med. Jakob Passweg

Interview: Danica Gröhlich 

Thomas Cerny, mit welchen Gefühlen treten Sie als Präsident der Krebsforschung Schweiz ab?
Thomas Cerny: Ich werde diese Arbeit und den Kontakt sicherlich vermissen. Es war eine spannende, verantwortungsvolle und auch ehrenvolle Aufgabe für unser Land, welche mich mit vielen Menschen sowie Spitzenforscherinnen und -forschern zusammengebracht hat. Was bleibt, ist die Dankbarkeit. Dankbarkeit gegenüber den unzähligen Menschen, die uns in all den Jahren stets unterstützt haben, aber auch gegenüber allen Mitarbeitenden und dem gesamten Stiftungsrat der Krebsforschung Schweiz.
 
Was wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?
Thomas Cerny: Die Krebsforschung ist in den letzten 10 bis 20 Jahren zum unangefochtenen Zugpferd der Biomedizin geworden und hat enorme Fortschritte erzielt. Hier steht heute insbesondere der gezielte und teilweise äusserst erfolgreiche Einsatz der Immuntherapie im Vordergrund, der das Feld neu aufgerollt hat. Dass die Schweiz hier zur Weltspitze gehört und sich immer mehr unserer Forschungsteams solchen Aufgaben zuwenden, ist enorm wichtig für die Menschen in unserem Land. Diese Entwicklung ist erst der Anfang! Es sind grosse Ressourcen nötig, um die Forschung weiter voranzutreiben. Ich bin beeindruckt, wie uns die Spenderinnen und Spender treu geblieben sind, auch in so schwierigen Zeiten wie jetzt! Dennoch gibt es leider auch eine grosse Enttäuschung: Es ist unsere gelähmte Europa-Politik, die Forschenden aus der Schweiz die Teilnahme an «Horizon Europe» verwehrt, dem weltweit grössten internationalen Forschungsprogramm der Europäischen Union. Dies ist eine schmerzhafte, noch offene Wunde, die möglichst rasch geschlossen werden muss! Die Schweiz muss wieder Zugang haben. 
 
Ihre Wege haben sich beruflich bereits mehrmals gekreuzt: Was sind jeweils die Stärken des anderen?
Thomas Cerny über Jakob Passweg: Er war mein Wunschkandidat als Nachfolger, weil er die bestehenden Probleme der Krebspatientinnen und -patienten in unserem Land seit Jahren bestens kennt und selbst ein ausgezeichneter klinischer Forscher ist. Zudem ist er unerschrocken mutig, eloquent und auch witzig. Dazu ein echter Leader, der ein Team mit Ideen und Motivation zum Erfolg führen kann und ein gutes politisches «Gschpüri» hat.

Jakob Passweg über Thomas Cerny: Thomas brilliert mit einer Mischung aus Leidenschaft für Forschung, für Medizin und sozialem Engagement sowie einem Verständnis für die Gesundheitspolitik in der Schweiz. Er ist im wahrsten Sinne ganzheitlich. Gleichzeitig weiss er, Menschen zu begeistern und Aufgaben mit Enthusiasmus anzupacken. In Krebsorganisationen, darunter die Krebsforschung Schweiz, hat er immer wieder innovative Wege eingeschlagen. Er wird nicht einfach zu ersetzen sein.
 
Wie sehen Ihre Ziele in Ihrem neuen Amt aus, Jakob Passweg?
Jakob Passweg: Es ist eine hohe Ehre, das Präsidium dieser wichtigen Stiftung übernehmen zu dürfen, weil sie in der Schweiz der wichtigste Player in der Krebsforschung ist. Wichtig ist es zu spüren, wo die grössten Forschungsschwerpunkte in der Zukunft liegen werden und die richtige Balance zu finden zwischen der Förderung von Grundlagenforschungsprojekten, der klinischen Forschung sowie der Forschung in Bereichen wie Krebsepidemiologie, Psychoonkologie, Versorgungsforschung, Onkologiepflege und weitere. Gleichzeitig ist es in der Schweiz nicht immer so einfach, wenn es darum geht, Geld für die Krebsforschung zu finden. Und dennoch ist genau das wichtig: Krebs gehört zu den grossen Herausforderungen der Gegenwart und noch mehr der Zukunft, weil die Zahl der Krebserkrankungen angesichts der demographischen Entwicklung drastisch steigen wird.
 

Und was ist Ihre persönliche Motivation? 
Jakob Passweg: Da ich sehr forschungsorientiert bin, ist für mich die Krebsforschung Schweiz eine Herzensangelegenheit. Forschung muss maximal gefördert werden. Für die Aufgabe als Präsident ist gutes Forschungsmanagement entscheidend. Wie priorisieren wir die Forschungsprojekte, welche werden gefördert und wer erhält von uns zu diesem Zweck Geld? 


Thomas Cerny, treten Sie jetzt mit 70 Jahren in den «Unruhestand»?
Thomas Cerny: Ja, aktiv bleiben ist für mich sehr wichtig. Aber ein, zwei Gänge habe ich bereits heruntergeschaltet: mehr Zeit für Familie, Kultur und Natur, aber auch für Reisen.
 
Was möchten Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?
Thomas Cerny: Ich wünsche ihm, dass er die gleiche Freude und Befriedigung erfahren wird, die mich über all die Jahre erfüllt hat. Da er schon alles kann, was es dazu braucht, wünsche ich ihm ganz besonders die nötige Energie, Robustheit und Gesundheit in der Doppelrolle als Chefarzt in Basel sowie neuer Präsident der Stiftung Krebsforschung Schweiz.

Zu den Personen:

Jakob Passweg (63)
ist Professor für Hämatologie und Chefarzt der Abteilung für Hämatologie am Universitätsspital Basel. Von 2017 bis Ende 2022 war er Präsident der Oncosuisse, die als Organisation für die nationale Strategie gegen Krebs verantwortlich ist. Davor war er von 2010 bis 2017 Präsident der Krebsliga Schweiz. Er ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und lebt in Basel.

Thomas Cerny (70)
ist einer der bekanntesten Krebsmediziner der Schweiz. Von 1998 bis zur Pensionierung 2017 war er Chefarzt Onkologie/Hämatologie am Kantonsspital St. Gallen. Davor arbeitete er als stellvertretender Chefarzt am Inselspital Bern. Er gestaltete die Krebsmedizin über viele Jahre aktiv mit. Von 2010 bis Ende 2022 war er Präsident der Krebsforschung Schweiz und von 2004 bis 2010 Präsident der Krebsliga Schweiz. Cerny ist Vater von drei erwachsenen Kindern und lebt in der Nähe von Thun.