Krebsforschung SchweizUnser EngagementWir unterstützen ForschendeFörderprogramm VersorgungsforschungDie 36 Forschungsprojekte und erste ResultateFörderprogramm Versorgungsforschung

Die 36 Forschungsprojekte und erste Resultate

Originaltitel: Continuity of care in Swiss cancer patients
Projekt-Nummer:  HSR-4083-11-2016
Projektleitung: Prof. Dr. med. Eva Blozik, Institut für Hausarztmedizin, Universität Zürich (UZH)
Dauer: 01.07.2017 – 30.06.2018

Hintergrund
In den Gesundheitswissenschaften gelten Krebserkrankungen als klassisches Beispiel einer komplexen Krankheit: Oft erfordert die aus mehreren Phasen bestehende Behandlung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von zahlreichen Spezialistinnen und Spezialisten. Dabei sind die Übergänge und Schnittstellen – etwa zwischen stationärer und ambulanter Versorgung in einem Spital – die heikelsten Momente in der Betreuung von Betroffenen: Wenn sich die Gesundheitsfachpersonen nicht gut miteinander absprechen, droht eine fragmentierte und unkoordinierte Versorgung – mit hohen finanziellen Kosten, aber schlechten Resultaten.

Resultate
Die Studie zeigt, dass in ländlichen Regionen die Kontinuität etwas höher ist als in städtischen Ballungsgebieten. Was den Zusammenhang zwischen Kontinuität und Behandlungskosten und dem Hospitalisations- und Sterberisiko angeht, so stand die kontinuierliche Versorgung beim Hausarzt oder der Hausärztin durchgängig mit positiven Effekten in Verbindung. Patientinnen und Patienten, die regelmässig ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt aufsuchten, verursachen nicht nur weniger Kosten, sondern hatten zudem ein kleineres Risiko, im nächsten Jahr ins Spital eingeliefert zu werden oder zu sterben.

Publikationen

  • Blozik E, Bähler C, Näpflin M, Scherer M. Continuity of Care in Swiss Cancer Patients
    Using Claims Data. Patient Prefer Adherence. 2020 Nov 18;14:2253-2262.
    doi: 10.2147/PPA.S266381.

Originaltitel: Impact of guidelines adherence on efficacy and safety of health care provided to Swiss MDS patients
Projekt-Nummer:  HSR-4085-11-2016
Projektleitung: Prof. Dr. med. Nicolas Bonadies, Department of Haematology and Central Haematology Laboratory, Inselspital Bern
Dauer: 01.07.2017 – 30.06.2021

Hintergrund
Myelodysplastische Syndrome (MDS) umfassen eine heterogene Gruppe hämatologischer
Stammzellerkrankungen, welche eine zunehmende Herausforderung für das Gesundheitsversorgungssystem darstellen. Evidenzbasierte MDS-Leitlinien und -Empfehlungen wurden veröffentlicht, führen aber nicht zwingend zu einer besseren Versorgungsqualität, wenn sie im klinischen Alltag nicht umgesetzt werden können. Leitlinienbasierte Indikatoren (Guideline-based indicators: GBIs) hingegen stellen messbare Elemente zur standardisierten Beurteilung der Versorgungsqualität dar, wurden bisher für erwachsene MDS-Patienten aber noch nicht entwickelt. 

Resultate
Deshalb haben die Forschenden alle relevante MDS-Leitlinien und -Empfehlungen gescreent und die verfügbaren Informationen als Kandidaten für GBIs in einem Handbuch zusammengefasst. Ein internationales, multidisziplinäres Expertengremium (EPG) aus anerkannten MDS-Experten (n=17), Gesundheitsfachpersonen (n=7) und Patientenvertretern (n=5) wurde für den Konsensus-Rating-Prozess eingesetzt. Das EPG erreichte bei 29 GBIs für die drei Domänen Diagnose (n=14), Therapie (n=8) und Anbieter-/Infrastrukturmerkmale (n=7) den vordefinierten Übereinstimmungsscore für eine Auswahl (>70%). Die GBIs können als standardisiertes Instrument eingesetzt werden mit dem Ziel, die Versorgungsqualität von erwachsenen MDS-Patienten zu messen, zu vergleichen und zu verbessern.

Originaltitel: IOMIS: the impact of organized mammography screening programmes on demographic and socioeconomic inequalities in mammography attendance: a nationwide study in Switzerland 1992-2012
Projekt-Nummer:  HSR-4082-11-2016
Projektleitung: Dr. Stephane Cullati, Abteilung Medizin, Université de Fribourg
Dauer: 01.09.2017 – 31.08.2018

Hintergrund
Die Morbidität und Mortalität bei Brustkrebs wird durch die demografischen und sozioökonomischen Gegebenheiten der Frauen beeinflusst, beispielsweise durch ihr Bildungsniveau und ihr Einkommen. Um die sozioökonomischen Ungleichheiten beim Zugang zur Brustkrebsvorsorge abzubauen und einen gleichberechtigten Zugang zur Mammographie zu gewährleisten, wurden organisierte Screening-Programme in Europa und der Schweiz eingeführt.

Resultate
Die Resultate der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die kantonalen Screening-Programme zwar dazu beigetragen haben, die Inanspruchnahme der Mammographie in der Allgemeinbevölkerung von Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren zu erhöhen. Allerdings haben die kantonalen Mammographie-Screening-Programme nur geringfügig zum Abbau sozioökonomischer Ungleichheiten bei der Mammographie beigetragen.

Publikationen

  • Cullati S, von Arx M, Courvoisier DS, Burton-Jeangros C, Manor O, Bouchardy C, Guessous I. Organized screening programmes and change in socioeconomic inequalities in mammography: 1992-2012 nationwide study in Switzerland. Prev Med. 2018 Nov;116:19-26
    doi : 10.1016/j.ypmed.2018.08.012

Originaltitel: Need for psychosocial care after childhood cancer – a mixed methods study
Projekt-Nummer:  HSR-4080-11-2016
Projektleitung: Prof. Gisela Michel, Department of Health Sciences and Medicine, University of Lucerne
Dauer: 01.11.2017 – 31.07.2020

Hintergrund
Ehemalige Kinderkrebs-Patienten haben ein hohes Risiko für psychosoziale Probleme im Erwachsenenleben in Bezug auf Bildung oder Erwerbstätigkeit, Beziehungen und psychische Belastung. Die Bedürfnisse und Präferenzen der Survivors für psychosoziale Betreuung ausserhalb des klinischen Kontextes sind jedoch nach wie vor weitgehend unbekannt.

Resultate
Das Forschungsteam rund um Gisela Michel hat 69 Survivors mittels Fragebogen und 28 in persönlichen Interviews befragt. Survivors gaben an, dass ihre Krebserfahrung sich einerseits negativ auf Ihre Beziehungen, Versicherungen und Ausbildung auswirkte. Anderseits wurde ihr Einfühlungsvermögen und ihr Lebenseinstellung durch die Krebserfahrung positiv beeinflusst. In den Interviews erwähnten Survivors, dass sie bei Versicherungsschwierigkeiten rechtlichen Beistand benötigten - nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Eltern. Zudem erwähnten Survivors, dass psychosoziale Ressourcen und Unterstützung bei der Langzeitnachsorge fehlten und sie äusserten einen starken Bedarf an zentralisierten Langzeitnachsorge-Zentren. Diese Ergebnisse zeigen, dass ein Bedarf an der Verankerung psychosozialer Unterstützung in der Langzeitnachsorge und ein starkes Bedürfnis nach einer personalisierten, zentralisierten und interdisziplinären Langzeitnachsorge besteht.

Publikationen

  • Hendriks MJ, Harju E, Michel G. The unmet needs of childhood cancer survivors in long-term follow-up care - A qualitative study. Psychooncology. 2021 Apr;30(4):485-492.
    doi: 10.1002/pon.5593
  • Hendriks MJ, Harju E, Roser K, Ienca M, Michel G. The long shadow of childhood cancer: A qualitative study on insurance hardship among survivors of childhood cancer. BMC Health Serv Res 21, 2021 May 25;21(1):503.
    doi: 10.1186/s12913-021-06543-9

Originaltitel: The management of young women with breast cancer: a snapshot
Projekt-Nummer:  HSR-4078-11-2016
Projektleitung: Prof. Elisabetta Rapiti, Geneva Cancer Registry, University of Geneva
Dauer: 01.07.2017 – 30.06.2020

Hintergrund
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen unter 40 Jahren. In jüngster Zeit wurde in der Schweiz ein Anstieg der Inzidenz gemeldet. Im Vergleich zu älteren Frauen mit Brustkrebs weisen Frauen unter 40 Jahren im Allgemeinen aggressivere biologische Merkmale und schlechtere Behandlungsergebnisse auf. Evidenzbasierte internationale Leitlinien wurden speziell für die Optimierung der Behandlung, die Minimierung von Nebenwirkungen und die Verbesserung der Ergebnisse bei jungen Frauen mit Brustkrebs entwickelt. In der Schweiz wurde zwar über geografische Unterschiede bei der Behandlung von Brustkrebs in der Schweiz berichtet, doch gibt es auf nationaler Ebene keine umfassenden Informationen über die Behandlung und das Ergebnis von Brustkrebs bei jungen Frauen.

Resultate
Prof. Elisabetta Rapiti und ihr Team schlossen 2'477 Frauen ≤ 40 Jahre mit Brustkrebs im Stadium I-III ein, die zwischen 2000 und 2014 in neun Krebsregistern diagnostiziert wurden. Die jungen Frauen mit Brustkrebs wurden entsprechend den internationalen Leitlinien behandelt, und die Gesamtüberlebensrate war hoch. Die Forschenden fanden aber Unterschiede bei der Behandlung und den Ergebnissen. Frauen in der lateinischen Region wiesen eine höhere Versorgungsqualität und eine bessere 10-Jahres-Überlebensrate auf. Der Versorgungsqualitäts hatte jedoch keinen Einfluss auf das Überleben. Das Stadium bei Prognosestellung, der Tumorgrad und die Behandlungsdauer blieben die wichtigsten Determinanten des Überlebens.

Originaltitel: Optimizing targeted anti-cancer therapies: from better medication adherence to individualized treatments
Projekt-Nummer:  HSR-4077-11-2016
Projektleitung: Pr Marie Paule Schneider, Pharmacy, Université de Genève (UNIGE)
Dauer: 01.04.2017-30.11.2021

Hintergrund 
Trotz der steigenden Zahl an Krebserkrankungen ist die Sterblichkeit bei Krebs rückläufig. Dies ist insbesondere auf neue, wirksamere Krebstherapien zurückzuführen, wie beispielsweise zielgerichtete Proteinkinase-Inhibitoren (PKI). Sie werden in Kombination mit oder als Ersatz für Chemo- oder Hormontherapie verschrieben werden. Die PKI haben bei einer Vielzahl von Krebsarten hervorragende klinische Ergebnisse gezeigt. Obwohl die orale Einnahme von PKI die Autonomie und das Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten fördert, kann die Zuverlässigkeit bei der Medikamenteneinnahme und der Umgang mit Nebenwirkungen für Krebspatientinnen und –patienten schwierig sein. Deshalb untersuchten die Forschenden in einer randomisierten, kontrollierten Studie ob die Adhärenz von Krebsbetroffenen, die mit PKI behandelt werden, optimiert werden kann. Alle Patientinnen und Patienten, die an der Studie teilnahmen, verwendeten eine elektronische Pillenbox, die das Datum und die Uhrzeit jeder PKI-Einnahme aufzeichnet. Die Patientinnen und Patienten der Interventionsgruppe (n=58) nahmen an monatlichen motivierenden Gesprächen mit einem Apotheker teil. Die Kontrollgruppe (n=60) erhielt keine solche Gesprächsmöglichkeit.

Resultate 
Die Forschenden konnten zeigen, dass ein interprofessionelles Adhärenzprogramm in der Interventionsgruppe, das von geschulten Gemeindeapothekern durchgeführt wird, die Zuverlässigkeit bei der Einnahme von PKI stärkt. Die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Onkologen, Apothekern, Pflegefachleuten und Psychologen sollte gefördert werden, um die Patientenadhärenz koordiniert zu unterstützen.

Publikationen

  • Bandiera, C. et al. Optimizing Oral Targeted Anticancer Therapies Study for Patients With Solid Cancer: Protocol for a Randomized Controlled Medication Adherence Program Along With Systematic Collection and Modeling of Pharmacokinetic and Pharmacodynamic Data. JMIR Res Protoc. 2021;10(6):e30090. doi: 10.2196/30090 
  • Bandiera, C. et al. Interventions to support adherence to oral anticancer therapies: research challenges, lessons learned, and strategies to overcome them from Australia and Switzerland. Support Care Cancer. 2022;30:3655-3659.  doi: 10.1007/s00520-021-06710-y
  • Cardoso E. et al. Population Pharmacokinetics of Erlotinib in Patients With Non-small Cell Lung Cancer: Its Application for Individualized Dosing Regimens in Older Patients. Clin Ther. 2020;42(7):1302-16. doi : 10.1016/j.clinthera.2020.05.008 
  • Courlet, P. et al. Population Pharmacokinetics of Palbociclib and Its Correlation with Clinical Efficacy and Safety in Patients with Advanced Breast Cancer. Pharmaceutics. 2022;14(7):1317. doi:10.3390/pharmaceutics14071317
  • Bandiera C. et al. Medication Adherence Evaluated Through Electronic Monitors During the 2020 COVID-19 Pandemic Lockdown in Switzerland: A Longitudinal Analysis. Patient Prefer Adherence. 2022;16:2313-2320. doi: 10.2147/PPA.S377780

Originaltitel: Patient safety issues in health information technology use in clinical care: an information flow perspective
Projekt-Nummer:  HSR-4074-11-2016
Projektleitung: Prof. Dr. David Schwappach, Research, Stiftung für Patientensicherheit
Dauer: 01.05.2017 – 31.07.2018

Hintergrund
Mit dem Einsatz von Informationstechnologie in der Versorgung von onkologischen Patientinnen und Patienten ist die Hoffnung verbunden, patientenbezogene Informationen besser zu bewirtschaften, sie optimal zugänglich, korrekt und aktuell zu halten – um eine sichere Versorgung zu gewährleisten. IT-Systeme können und sollen die Arbeit der Ärzte und Pflegenden erleichtern, zum Beispiel auch mit elektronischen Absicherungen gegen Überdosierungen von Chemotherapie. Leider sind die IT-Systeme im Gesundheitswesen häufig nicht abgestimmt mit den Arbeitsabläufen und -Anforderungen und führen so zu Patientensicherheitsgefährdungen.

Resultate
Die Studie ergab, dass Patientensicherheitsgefährdungen durch den Einsatz von IT in der täglichen Versorgung allgegenwärtig sind. Die Verfügbarkeit und Darstellung von Patienteninformation macht es den klinisch Tätigen häufig schwer, sich zeitgerecht ein gutes Bild vom Patienten und dessen Behandlung zu machen. Durch die derzeitige Nutzung von HIT entstehen deshalb neue Gefährdungen der Patientensicherheit. Die Koexistenz verschiedener Software-Programme und die Persistenz der papierbasierten Dokumentation beispielsweise vergrössern laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Problemraum des Informationsmanagements, da Informationen unterschiedlich aktuell oder zugreifbar sind.

Publikationen

  • Pfeiffer, Y., Zimmermann, C.& Schwappach, D. L. B. Patientensicherheitsgefährdungen durch die Nutzung von IT in onkologischen Ambulatorien: eine prospektive Analyse des Informationsmanagements. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2019 Jun;143:35-42.
    doi:10.1016/j.zefq.2019.03.009
  • Pfeiffer, Y., Zimmermann, C. & Schwappach, D. L. B. Patient Safety Threats in Information Management Using Health Information Technology in Ambulatory Cancer Care. J Patient Saf. 2020 Mar 11.
    doi:10.1097/PTS.0000000000000640

Originaltitel: Changes in colorectal cancer testing rates and method for testing in Switzerland 2012-2017: evidence from claims data
Projekt-Nummer:  HSR-4366-11-2017
Projektleitung: Prof. Dr. med. Reto Auer, Berner Institut für Hausarztmedizin, Universität Bern
Dauer: 01.06.2018-30.06.2020

Hintergrund
In der Schweiz ist Darmkrebs die dritthäufigste Ursache für Krebssterblichkeit: Rund 1600 Menschen sterben jährlich an Darmkrebs. Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs können die Sterblichkeit an Darmkrebs um mehr als die Hälfte senken. Trotz des erwiesenen Nutzens von Früherkennungsuntersuchungen hat die Schweiz erst im Juli 2013 damit begonnen, Erwachsenen im Alter von 50 bis 69 Jahren die Kosten für eine Darmspiegelung oder einen Blut-im-Stuhl Test (FOBT) zu erstatten. Bis dahin wurden die Kosten dieser Darmkrebs-Früherkennungsuntersuchungen nur dann von den Krankenkassen übernommen, wenn die Patienten Symptome eines Darmkrebses aufwiesen. 2013 in Uri und 2016 in der Waadt wurden dann die ersten organisierte Screening-Programme in der Schweiz eingeführt. Diese ermöglichen es, dass jeder zur Untersuchung eingeladen wird und gewährleisten die Qualität der Tests. 

Resultate

Die Forschenden rund um Prof. Reto Auer analysierten die Krankenkassen-Daten von 50- bis 69-Jährigen aus Uri und den Nachbarkantonen. Ihre Analysen deuten darauf hin, dass das organisierte Screening-Programm in Uri nicht zu einem Anstieg der Darmkrebs-Früherkennungsuntersuchungen insgesamt, wohl aber mit einem signifikanten Anstieg des weniger belastenden Blut-im-Stuhl Tests führte. Das organisierte Screeningprogramm in der Waadt wiederum war mit einem Anstieg der gesamten Darmkrebsuntersuchungsrate insgesamt verbunden. 

Publikationen

  • Schneider R, Näpflin M, Syrogiannouli L, Bissig S, et al. Change in Colorectal Cancer Tests Submitted for Reimbursement in Switzerland 2012–2018: Evidence from Claims Data of a Large Insurance. Int J Public Health. 2021; 66: 1604073
    doi: 10.3389/ijph.2021.1604073

Originaltitel: Harnessing social media in adolescent and young adult (AYA) oncology. The views of AYA and healthcare providers: an exploratory study
Projekt-Nummer:  HSR-4361-11-2017
Projektleitung: Dr. Eva De Clercq, Institute for Biomedical Ethics, University of Basel
Dauer: 01.01.2019-31.05.2021

Hintergrund
Jugendliche und junge Erwachsene (adolescents and young adults; AYA) mit einer Krebserkrankung haben besondere medizinische und emotionale Bedürfnisse. Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, herauszufinden, wie die Nutzung sozialer Medien zur Verbesserung der Krebsversorgung eingesetzt werden können. Die Forschenden haben sowohl AYA als auch medizinisches und pflegerisches Fachpersonal interviewt und die wissenschaftliche Literatur zum Thema gesichtet.

Resultate
AYA nutzen soziale Medien, um sich auszudrücken, krankheitsbezogene Informationen zu sammeln, aber vor allem, um soziale und emotionale Unterstützung von Familie und Gleichaltrigen zu erhalten. Einige AYA sahen Vorteile in der Möglichkeit, online auf professionelle medizinische und psychologische Unterstützung zugreifen zu können. Fast alle wünschten sich, von Fachpersonen eine Liste zuverlässiger sozialer Medien zu erhalten, berichteten aber zugleich über gravierende Unzulänglichkeiten bestehender Angebote hinsichtlich Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Qualität. Dies zeigt, dass Fachpersonen die Welt der sozialen Medien betreten müssen. Jedoch zögern Fachpersonen offenbar. Begrenztes Wissen zu sozialen Medien und existierenden Richtlinien im Umgang mit denselben waren oft Gründe für diese Zurückhaltung.

Publikationen

  • De Clercq E, Rost M, Ansari M, Von der Weid N, Elger, B.S. To be or not to be in the social media arena? The perspective of healthcare providers working within adolescent and young adult oncology in Switzerland. Int J of Adolesc Med. 2020; Aug 27 
    doi: 10.1515/ijamh-2020-0137 
  • De Clercq E, Rost M, Gumy-Pause F, Diesch T, Espeli V, Elger BS. Moving Beyond the Friend-Foe Myth: A Scoping Review of the Use of Social Media in Adolescent and Young Adult Oncology. J of Adolesc Young Adult Oncol. 2020; 9: 561-571
    doi: 10.1089/jayao.2019.0168  

Originaltitel: Towards implementation of an integrated model of care in long-term follow-up after allogeneic hematopoietic stem cell transplan-tatIon facilitated by e-Health technology in Switzerland: the SMILe project
Projekt-Nummer: HSR-4362-11-2017
Projektleitung: Prof. Dr. Sabina M De Geest, Public Health, Universität Basel
Dauer: 01.07.2018-30.06.2022

Hintergrund
Die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT) ist eine potenziell kurative Behandlung für hämatologische Erkrankungen. Trotz verbesserter Überlebensraten bleiben die Mortalitäts- und Rehospitalisationsraten allerdings hoch. Krebsbetroffene und ihre Angehörigen sind zudem gefordert, die Auswirkungen der Erkrankung und Therapie im häuslichen Umfeld zu bewältigen. Über Monate hinweg müssen sie Selbstmanagementaufgaben übernehmen und Vitalparameter zu Hause überwachen, um lebensbedrohliche Komplikationen wie beispielsweise frühzeitig zu erkennen und auf mögliche Spätfolgen zu reagieren. Zur Verbesserung der Ergebnisse nach einer alloSZT sind patientenzentrierte Versorgungsmodelle erforderlich, die nicht nur die akutmedizinische, sondern auch die verhaltensbezogene und psychosoziale Dimension in die Versorgung integrieren. Der ergänzende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (eHealth) erscheint in diesem Zusammenhang vielversprechend.

Resultate
In Zusammenarbeit mit einem Team aus Forschenden, Gesundheitsfachpersonen und Betroffenen haben die Forschenden anhand einer innovativen Kombination von Methoden der Implementierungs- und Verhaltenswissenschaft sowie der Informatik ein eHealth-gestütztes, integriertes Versorgungsmodell für alloSZT-Patient entwickelt: das SMILe-Versorgungsmodell. Alle befragten Klinikerinnen und Kliniker erachteten ein technologiegestütztes Versorgungsmodell als wertvoll. Theoriebasiert und unter Einbezug wichtiger Interessengruppen (Patient, Kliniker:innen, Informatiker:innen, Klinikleitung) wurde das SMILe-Versorgungsmodell an das Schweizer Setting angepasst und weiterentwickelt. Seit April 2021 wird das Modell getestet. Die Rekrutierung (1:1 in Interventions- und Kontrollgruppe) der 80 geplanten Teilnehmenden wurde 9 Monate früher als geplant, im Juni 2022, abgeschlossen. Vorläufige Ergebnisse zeigen eine erfolgreiche Implementierung ohne organisatorische oder technische Probleme sowie eine hohe Zufriedenheit der Patient, vor allem aufgrund des erhöhten Sicherheitsgefühls durch die integrierte, eHealth-gestützte Versorgung.

Originaltitel: Impact of two different follow-up strategies on overall survival, oncological outcome, quality of life and economics in head and neck cancer patients after clinical complete remission – a randomized controlled prospective trial
Projekt-Nummer:  HSR-4356-1101-27
Projektleitung: Prof. Dr. Roland Giger, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten (HNO), Kopf- und Halschirurgie, Inselspital Bern
Dauer: 01.01.2019-31.12.2022

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: The Swiss cancer patient experiences (SCAPE) study: a multicentre cross-sectional survey of patient experiences with cancer care in French-speaking Switzerland
Projekt-Nummer:  HSR-4354-11-2017
Projektleitung: Prof. Isabelle Peytremann-Bridevaux, Département Epidémiologie et Systèmes de santé, Unisanté, Lausanne
Dauer: 01.05.2018-30.06.2020

Hintergrund
Die Ansichten und Erfahrungen von Krebsbetroffenen sind von entscheidender Bedeutung, um die Qualität und Sicherheit der Gesundheitsdienste zu beurteilen und zu messen, inwieweit das Gesundheitssystem den Bedürfnissen der Patienten gerecht wird. Dies ist besonders wichtig im Bereich der Krebserkrankungen, da diese neben gesundheitlichen auch emotionale, soziale und finanzielle Auswirkungen haben.
Das Hauptziel dieser Studie bestand deshalb darin, die Erfahrungen von Krebsbetroffenen zu erfassen, um zuverlässige Daten über die Qualität der Krebsversorgung während des gesamten Versorgungspfads in der Westschweiz zu erhalten.

Resultate
3121 Personen haben den Fragebogen ausgefüllt (Rücklaufquote 43,7 %). Von diesen wurden 2755 (88 %) bei der Analyse berücksichtigt. Insgesamt waren die Erfahrungen mit der Pflege recht zufriedenstellend. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewerteten ihre Gesamtbetreuung im Durchschnitt mit 8,5 von 10 Punkten. Zu den Stärken zählen gute Ergebnisse bei diagnostischen Tests, sowie die Pflege und die Betreuung während des Krankenhausaufenthalts (z. B. Vertrauen in das Personal, Behandlung mit Respekt und Würde, Schmerzbehandlung). Zu den verbesserungswürdigen Bereichen gehören die Informationen, die man zum Zeitpunkt der Diagnose erhält, praktische Ratschläge und Unterstützung bei Nebenwirkungen und andere Aspekte der unterstützenden Pflege, wie Informationen über psychosoziale und finanzielle Unterstützung. 

Publikationen

  • Arditi C, Walther D, Gilles I, Lesage S, Griesser AC, Bienvenu C, Eicher M, Eicher M, Peytremann-Bridevaux I. Computer-assisted textual analysis of free-text comments in the Swiss Cancer Patient Experiences (SCAPE) survey. BMC Health Serv Res. 2020 Nov 10;20(1):1029
    doi: 10.1186/s12913-020-05873-4

Originaltitel: Aftercare of childhood cancer survivors in Switzerland – the ACCS Switzerland project
Projekt-Nummer:  HSR-4359-11-2017
Projektleitung: Associate Prof. Dr. med. Katrin Scheinemann, Pädiatrische Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital Aarau AG
Dauer: 01.07.2018-31.12.2021

Hintergrund
Jedes Jahr erkranken in der Schweiz 300 bis 350 Kinder und Jugendliche an Krebs. Die Therapiemöglichkeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert. Doch bei drei von vier Langzeitüberlebenden treten im Laufe ihres Lebens – häufig viele Jahre nach der Ersterkrankung – medizinische oder psychosoziale Spätfolgen auf. Deshalb ist eine regelmässige Langzeitnachsorge, auch über das Kindesalter hinaus, sehr wichtig. Bisher gibt es in der Schweiz keine nationale Langzeitnachsorgestrategie für Überlebende von Krebs im Kindesalter (Survivor). Literatur und Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen jedoch, dass eine solche Strategie notwendig ist, um eine qualitativ hochwertige Nachsorge sicherzustellen und die Zufriedenheit der Survivor zu erhöhen.
Diese Studie ist eine Fragebogenstudie, die ehemalige Kinderkrebspatient einbezieht, die ihre Therapie abgeschlossen haben. Das Hauptziel der Studie ist es, die aktuellen Bedürfnisse der Survivor im Hinblick auf die Langzeitnachsorge zu erfassen. Die Ergebnisse dieser Studie sollen als Grundlage für die Etablierung einer nationalen Langzeitnachsorgestrategie für Überlebende von Krebs im Kindesalter dienen.

Resultate
In die Studie konnten 57 Survivor einbezogen und deren Wissen, Ängste und Bedürfnisse analysiert werden. Die teilnehmenden Survivor waren bei der Diagnose im Durchschnitt 9,5 Jahre und bei der Studienteilnahme 23 Jahre alt. Die grssten Sorgen der Survivor betrafen mögliche Spätfolgen (48 %) und die Frage, ob sie später Kinder bekommen können (45 %). Die Survivor verfügten über ein gutes Wissen über ihre medizinische Vorgeschichte, hatten mässige Ängste im Zusammenhang mit der früheren Krebsdiagnose und zeigten eine relativ hohe Selbstständigkeit in medizinischen Belangen sowie in Bezug auf die Nachsorge. Die Forschenden konnten im Rahmen dieser Studie Aspekte identifizieren, die in der Praxis relativ leicht angepasst werden können, um die Nachsorge und die Bedürfnisse der Survivor zu verbessern.

Publikationen

  • Otth M, Denzler S, Koenig C, Koehler H, Scheinemann K. Transition from pediatric to adult follow-up care in childhood cancer survivors-a systematic review. J Cancer Surviv. 2021 Feb 15(1):151-162. doi: 10.1007/s11764-020-00920-9.  
  • Denzler S, Otth M, Scheinemann K. Aftercare of Childhood Cancer Survivors in Switzerland: Protocol for a Prospective Multicenter Observational Study. JMIR Res Protoc. 2020 Aug 26;9(8):e18898. doi: 10.2196/18898.  
  • Otth M, Wyss J, Scheinemann K. Long-Term Follow-Up of Pediatric CNS Tumor Survivors—A Selection of Relevant Long-Term Issues. Children 2022, 9, 447. doi: 10.3390/children9040447.    
  • Otth M, Michel G, Gerber N.U., Guerreiro Stücklin,AS, von Bueren AO, Scheinemann K., on behalf of the Swiss Pediatric Oncology Group (SPOG). Educational Attainment and Employment Outcome of Survivors of Pediatric CNS Tumors in Switzerland—A Report from the Swiss Childhood Cancer Survivor Study. Children 2022, 9, 411. doi: 10.3390/children9030411.

Originaltitel: Importance of exercise training therapy timing with regard to cardiotoxicity and patient preference in early breast cancer patients undergoing adjuvant chemotherapy
Projekt-Nummer:  HSR-4360-11-2017
Projektleitung: Prof. Dr. med. Matthias Wilhelm, Department of Cardiology, Inselspital Bern
Dauer: 01.01.2019-31.12.2022

Hintergrund
Die Verbesserung der Therapiemöglichkeiten und Fortschritte in der Früherkennung von Krebserkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten zu einer deutlichen Zunahme an Krebsüberlebenden geführt. Dies hat zur Folge, dass Nebenwirkungen und Langzeitschäden der Krebsbehandlungen (beispielsweise durch Chemotherapien) immer mehr in den Vordergrund rücken. Angesichts der steigenden Zahl von Krebsüberlebenden ist es wichtig, die Wirkung von Sport und Bewegung zur Bekämpfung Chemotherapie bedingter kardiovaskulärer Nebenwirkungen besser zu verstehen. Die Forschenden haben zunächst in einer Meta-Analyse die schädlichen Wirkungen von Chemotherapien auf die Gefässe dokumentiert. Mit einer randomisierten kontrollierten Studie (CAPRICE-Studie) untersuchten sie zudem die Wirkung eines 12-wöchige Bewegungstherapie während oder nach einer Chemotherapie und ob es die schädlichen Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System reduziert.

Resultate
Eine Bewegungstherapie hat in der Studienpopulation nicht zu mehr Aktivität geführt als eine Empfehlung, die auf allgemeinen Bewegungsrichtlinien basierte und mit dem Feedback von Aktivitätstrackern kombiniert wurde. Allerdings war die Studienpopulation bereits zu Beginn der Studie körperlich aktiv, was darauf hindeutet, dass sich nur bereits bewegungsaffine Patientinnen und Patienten für die Teilnahme interessierten. Die gefundene Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und Herzfunktion sowie Myokardschädigung deutet darauf hin, dass es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und kardioprotektiven Effekten während der Chemotherapie gibt. Ein kardioprotektives Mass an körperlicher Aktivität kann bereits durch Beratung und das motivierende Tragen eines Aktivitätstrackers erreicht werden. Zukünftige Studien sollten mit Langzeitmessungen untersuchen, ob die kurzfristigen kardioprotektiven Effekte körperlicher Aktivität während einer Chemotherapie langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Originaltitel: Disparities in the application of postmastectomy radiotherapy in breast cancer patients in Switzerland: a pooled analysis of 7 cancer registries in 2003 – 2005 and a comparing analysis with the data of 2013 – 2015
Projekt-Nummer:  HSR-4663-11-2018
Projektleitung: Prof. Dr. med. Daniel Rudolf Zwahlen, Department of Radiation Oncology, Kantonsspital Winterthur
Dauer: 01.05.2019-30.04.2021

Hintergrund
Bei Patientinnen mit Brustkrebs hat die Forschung gezeigt, dass es in den verschiedenen
Regionen der Schweiz große Unterschiede gibt, wie die Patientinnen behandelt werden. Weniger bekannt ist, ob Frauen, bei denen die gesamte Brust aufgrund des Ausmaßes der Erkrankung entfernt werden musste, gleichberechtigten Zugang zur Strahlentherapie haben. Der Einsatz einer Strahlentherapie nach der Brustentfernung ist nicht immer notwendig und hängt von Faktoren wie der Größe des Tumors ab oder ob auch Lymphknoten von den Krebszellen betroffen waren. 

Resultate
Die Untersuchungen zeigen, dass die Strahlentherapie hauptsächlich Patientinnen mit einem hohen Risiko für einen Rückfall angeboten wird. Angewendet wird die Therapie dann allerdings nicht bei allen, rund ein Drittel dieser Patientinnen nimmt das Angebot nicht in Anspruch. Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass sich der Einsatz der Strahlentherapie nach der Brustentfernung im Vergleich zu 2003 bis 2005 und 2013 bis 2017 nicht verändert hat.
Die Forschenden konnten auch zeigen, dass das Zeitintervall von der „Brustkrebsdiagnose bis zur Operation“ bei Frauen jünger als 60 Jahre im Vergleich zu den Jahren 2003 bis 2005 und 2013 bis 2017 zugenommen hat. Dies liegt höchstwahrscheinlich daran, dass diese Frauen ihre Chemotherapie vor der Brustentfernung erhalten haben, um den Tumor so weit wie möglich zu schrumpfen. Dies ermöglicht in vielen Fällen die Brust zu erhalten und auf eine Brustentfernung verzichten zu können.

Originaltitel: Improving screening and referral for psychological distress in adult cancer patients: a feasibility study
Projekt-Nummer:  HSR-4669-11-2018
Projektleitung: Dr. phil. Karin Ribi, Quality of Life Office, International Breast Cancer Study Group (IBCSG)
Dauer: 01.05.2019-30.06.2022

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: Medical resource savings by individualized watch and wait strategy in early stage chronic lymphocytic leukaemia
Projekt-Nummer:  HSR-4660-11-2018
Projektleitung: Prof. Dr. Davide Rossi, Lymphoma & Genomics Research Program, Institute of Oncology Research (IOR)
Dauer: 01.07.2019 – 30.06.2020

Hintergrund
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist eine hämatologische Tumorerkrankung, die durch eine übermäßige Vermehrung von krebsartigen Lymphozyten (eine Art weißer Blutkörperchen) im Blut gekennzeichnet ist. Die Mehrzahl der CLL-Patienten wird in den frühen, asymptomatischen Stadien der Krankheit diagnostiziert und ohne Behandlung weiterbehandelt. Schätzungsweise 400 000 Menschen in Europa und den Vereinigten Staaten, bei denen eine CLL diagnostiziert wurde, werden aktiv überwacht. Der klinische Verlauf dieser Patienten ist heterogen und schwer vorherzusagen. Im vorliegenden Forschungsprojekt wollen die Forschenden den ersten validierten Prognosescore für diese Population von asymptomatischen CLL-Patienten im Frühstadium entwickeln. Er soll zuverlässig vorhersagen können, ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht.

Resultate
Die Forschenden rund um Davide Rossi haben ein einfaches und robustes Prognoseinstrument (IPS-E) entwickelt, das auf klinischen Routine- und Laborwerten beruht. Die Einfachheit von IPS-E erleichtert die Einführung in die klinische Anwendung, da es lediglich auf der Summe von drei Faktoren basiert, die leicht zu ermitteln sind. IPS-E könnte laut den Forschenden dazu beitragen, die Population genauer zu definieren, die von einer Behandlung profitieren wird. Insbesondere falls sich das Behandlungsparadigma für asymptomatische CLL ändern sollte und ein Überlebensvorteil durch frühzeitiges Eingreifen mit neuen Wirkstoffen nachgewiesen wird.

Publikationen

  • Condoluci A, Terzi di Bergamo L, Langerbeins P, et al. International prognostic score for asymptomatic early-stage chronic lymphocytic leukemia. Blood. 2020 May 21;135(21):1859-1869.
    doi: 10.1182/blood.2019003453
  • Tam CS, Seymour JF. A predictive tool for early-stage CLL. Blood. 2020 May 21;135(21):1820-1821.
    doi: 10.1182/blood.2020005426

Originaltitel: Evaluation of financial toxicity in cancer patients undergoing proton therapy in Switzerland
Projekt-Nummer: HSR-4668-11-2018
Projektleitung: PD Dr. med. Barbara Bachtiary, Center for Proton Therapy, Paul Scherrer Institut (PSI)
Dauer: 01.04.2019-31.12.2021

Hintergrund
Obwohl die Kosten für die Protonentherapie bei Krebserkrankungen von den Schweizer Krankenkassen erstattet werden, müssen die Patienten die Kosten für beispielsweise die An- und Rückreise, die Unterkunft während der Behandlung und mögliche Lohnausfälle selber tragen. Diese so genannten Out-of-Pocket-Costs (OOPC) können für Krebsbetroffene und deren Familienangehörige eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen und sich negativ auf die Lebensqualität, die Wahl der Behandlung, die Therapietreue und das Behandlungsergebnis auswirken. Im schlimmsten Fall kann sie zu finanzieller Zahlungsunfähigkeit führen und zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate beitragen.
Die vorliegende prospektive Beobachtungsstudie hatte zum Ziel, die Out-of-Pocket
Kosten (OOPCs) und die daraus resultierende finanzielle Belastung zu untersuchen für Patientinnen und Patienten, die sich einer Krebsbehandlung am Zentrum für Protonentherapie des Paul Scherrer Instituts in der Schweiz unterziehen.

Resultate
Insgesamt wurden 146 Patientinnen und Patienten, die sich einer Protonentherapie am Protonentherapiezentrum des Paul Scherrer Instituts unterzogen, in die Studie aufgenommen. Alle Patienten wurden entweder wegen gutartiger (n=16) oder bösartiger (n=130) Tumoren des Gehirns und der Schädelbasis (n=86), des Kopfes und des Halses (n=24) oder wegen extrakranieller Tumoren (n= 36) mit einer Protonentherapie behandelt. Aufgrund der erhöhten finanziellen Belastung mussten 42% der Patientinnen und Patienten ihre Ersparnisse aufbrauchen, und 10% mussten aufgrund fehlender Ersparnisse Geld leihen. Bemerkenswert ist, dass 37% der Betroffenen ihre Freizeitaktivitäten einschränken und 14% ihre Ausgaben für Lebensmittel und Kleidung während der Behandlung reduzieren mussten. Für 34 Patienten (24.7%) war die finanzielle Situation belastend. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund der Protononentherapie ein erheblicher Anteil der Patienten bei Lebensmitteln und Kleidung sparen mussten und einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt waren.

Originaltitel: Are we offering BRCA1/BRCA2 testing to the right women in Switzerland? Cost-effectiveness of the BRCA mutation testing threshold
Projekt-Nummer:  HSR-4671-11-2018
Projektleitung: PD Dr. Konstantin J. Dedes, Department of Gynecology, UniversitätsSpital Zürich (USZ)
Dauer: 27.09.2019-30.09.2022

Hintergrund
BRCA1 und BRCA2 sind die Hauptgene, die am erblich bedingten (hereditären) Brust- und Eierstockkrebssyndrom (HBOC) beteiligt sind. Das Tragen einer Mutation in diesen Genen ist mit einem lebenslangen Risiko von etwa 40 % bis 75 % verbunden an Brustkrebs zu erkranken, und mit einem Risiko von 15 % bis 60 % Eierstockkrebs zu entwickeln. Internationale sowie Schweizer Richtlinien für genetische Tests basieren auf der persönlichen und familiären Krankengeschichte. Es wurde jedoch gezeigt, dass viele Frauen mit BRCA1/2- und anderen pathogenen Genveränderungen unentdeckt bleiben. Diese Studie beabsichtigte, den Schwellenwert für BRCA-Tests in der Schweiz zu evaluieren. Die konkreten Ziele waren: 1) die Bewertung der aktuellen Testpraktiken, d. h. die Bestimmung der Häufigkeit pathogener Varianten bei getesteten Frauen mit Brustkrebs und die Prüfung der Einhaltung der nationalen Richtlinien, und 2) die Berechnung der Kosteneffizienz einer potenziellen Erweiterung der nationalen Teststrategie auf alle Frauen mit Brustkrebs. Die Forschenden sammelten Daten von Frauen mit Brustkrebs aus drei Spitälern, die sich einem BRCA1/2-Test unterzogen haben.

Resultate
Von den insgesamt 1'060 in die Studie eingeschlossenen Frauen wurden 12 % positiv auf eine pathogene Variante getestet, und 9 % positiv auf eine Variante in einem BRCA1/2-Gen. Unter den Frauen, die nach Einführung der Schweizer Richtlinien im Jahr 2017 getestet wurden, erfüllten 83 % die Anforderungen der Testleitlinien. Von diesen Frauen wurden 15 % positiv auf eine pathogene Variante und 9,8 % positiv auf eine in einem BRCA1/2-Gen getestet.
Die Forschenden schätzen, dass die Erweiterung der Testkriterien auf alle Frauen mit Brustkrebs zu durchschnittlichen Kosten von 21'411 CHF pro Frau im Vergleich zu 18'740 CHF mit der aktuellen Teststrategie führen würde, was zusätzliche Kosten von 2'671 CHF pro Frau bedeutet. Die durchschnittlichen QALYs (qualitätskorrigierte Lebensjahre) lagen bei der Testung aller Frauen mit Brustkrebs höher (28,60) im Vergleich zu 28,49 bei den derzeitigen Testkriterien.
Das Kosten-Effektivitäts-Verhältnis für die Strategie “Testung aller Frauen mit Brustkrebs“ im Vergleich zur Strategie „Testung nach ausgewählten Kriterien“ betrug 25'818 CHF pro gewonnenem QALY. Mit ihrer Kohorte konnten die Forschenden zeigen, dass eine Erweiterung der Testkriterien (Tests aller Frauen mit Brustkrebs) zu durchschnittlich besseren gesundheitlichen Ergebnissen führen würde. Setzt man die zusätzlichen Kosten der Erweiterung in Relation zu den gesundheitlichen Ergebnissen, so zeigt sich, dass diese potenzielle Strategie vermutlich kosteneffektiv wäre. Die Kosteneffektivität der Erweiterung der Testung auf krebsfreie Verwandte (Folgetests) sollte jedoch noch untersucht werden und konnte in diese Studie nicht einbezogen werden.

Originaltitel: How does the number of abdominal cancer surgeries done in one hospital correlate with patient outcome in the year following surgery? An analysis of Swiss health insurance data.
Projekt-Nummer:  HSR-4665-11-2018
Projektleitung: Prof. Dr. med. Eva Blozik, Institut für Hausarztmedizin, Universität Zürich (UZH)
Dauer: 01.11.2019 – 31.10.2020

Hintergrund
Gilt das einschlägige Sprichwort «Übung macht den Meister» auch in der medizinischen Versorgung? Der positive Zusammenhang zwischen steigenden Fallzahlen in einem Spital und besseren Behandlungsresultaten und geringerer Sterblichkeit während des stationären Aufenthalts wurde insbesondere für komplexe chirurgische Eingriffe bereits wissenschaftlich nachgewiesen. Allerdings ist unklar, wie sich höhere Fallzahlen auf die Ergebnisse bei Patienten nach Operationen wegen Magen-, Bauchspeicheldrüsen- oder Dickdarmkrebs auswirken, insbesondere, wenn man nicht nur den Spitalaufenthalt, sondern auch das Jahr nach dem Eingriff betrachtet.

Resultate
Von rund 1,2 Millionen Versicherten erhielten zwischen 2014 und 2018 2‘859 Personen einen der untersuchten bauchchirurgischen Eingriffe. Am häufigsten wurden Operationen wegen Dickdarmkrebs durchgeführt. Bei Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsen-Operationen operierten die Spitäler im Verlauf des untersuchten Zeitraums im Mittel häufiger und immer weniger Spitäler wiesen sehr geringe Fallzahlen auf. Prof. Eva Blozik und ihr Team konnten insgesamt keinen statistisch klaren Zusammenhang zwischen steigenden Fallzahlen und besseren Behandlungsergebnissen feststellen, da auch viele Spitäler mit kleinen Fallzahlen sehr gute Ergebnisse erzielten. Allerdings lässt sich auf Basis der Zahlen ein positiver Routineeffekt auch nicht ausschliessen. Die Ergebnisse deuten laut den Forschenden darauf hin, dass es nicht sinnvoll ist, in der Schweiz Mindestfallzahlen als einziges Zulassungskriterium einzusetzen, um die Qualität der Versorgung bei Krebsoperationen sicherzustellen. Angebrachter erscheint den Forschenden eine Qualitätsbeurteilung auf Basis der erzielten Behandlungsergebnisse.

Originaltitel: Clinical benefit, prices, and reimbursement of cancer drugs: a comparative study between Switzerland, England, Germany, France and the US
Projekt-Nummer:  HSR-4670-11-2018
Projektleitung: Prof. Dr. med. et. Dr. iur. Kerstin Noëlle Vokinger, Institute of Law, University of Zurich
Dauer: 27.09.2019-30.09.2022

Hintergrund 
Steigende Preise von Krebsarzneimitteln sind eine grosse Herausforderung für Patienten und Gesundheitssysteme, sowohl in den USA als auch in Europa. Im Gegensatz zur USA sind Behörden in europäischen Ländern gesetzlich befugt und verpflichtet, den Arzneimittelpreis festzulegen. Das vorliegende Forschungsprojekt hatte zum Ziel den Zusammenhang zwischen dem klinischen Nutzen von zugelassenen Onkologika und ihren Kosten für die USA und vier europäische Länder zu untersuchen. Für diese Kosten-Nutzen-Analyse haben die Forschenden die Monatskosten dieser Therapeutika mit dem Nutzen verglichen.

Resultate 
Die Studienkohorte inkludiert 65 Arzneimittel. In allen untersuchten Ländern gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen den monatlichen Kosten der Arzneimittel für solide Tumore und dem klinischen Nutzen. Die Forschenden schlussfolgern basierend auf diesen Resultaten, dass in den USA und den europäischen Ländern die Arzneimittelpreise besser mit dem klinischen Nutzen übereinstimmen sollten, um den Zugang zu wichtigen Onkologika für Patienten zu verbessern. Nutzenbewertungssysteme können hierbei als Hilfe dienen.

Publikationen

  • Hwang TJ, Ross JS, Vokinger KN, Kesselheim AS. Association between FDA and EMA expedited approval programs and therapeutic value of new medicines: retrospective cohort study. BMJ 2020;371:m3434.
    doi: 10.1136/bmj.m3434 
  • Vokinger KN, Kesselheim AS. Application of orphan drug designation to cancer treatments (2008-2017): a comprehensive and comparative analysis of the USA and EU. BMJ Open 2019;9(10):e028634.
    doi: 10.1136/bmjopen-2018-028634
  • Vokinger KN, Hwang TJ, Grischott T, Reichert S, Tibau A, Rosemann T, Kesselheim AS. Prices and clinical benefit of cancer drugs in the USA and Europe: a cost-benefit analysis. Lancet Oncol. 2020 May;21(5):664-670
    doi: 10.1016/S1470-2045(20)30139-X 
  • Vokinger KN, Muehlematter UJ. Accessibility of cancer drugs in Switzerland: Time from approval to pricing decision between 2009 and 2018. Health Policy. 2020 Mar;124(3):261-267. 
    doi: 10.1016/j.healthpol.2019.12.006

Originaltitel: De-escalation strategies versus standard adjuvant therapy in DCIS of the breast – a cost-effectiveness analysis
Projekt-Nummer:  HSR-4667-11-2018
Projektleitung: PD Dr. med. Cédric Panje, Department of Radiation Oncology, Kantonsspital St. Gallen (KSSG)
Dauer: 05.11.2019-30.04.2021

Hintergrund
Das duktale in situ-Karzinom (DCIS) ist eine Vorstufe vom Brustkrebs und wird zumeist durch eine brusterhaltende Operation und eine postoperative Radiotherapie behandelt. Mehrere Studien konnten nachweisen, dass sich durch die Radiotherapie ein Rückfall in der betroffenen Brust effektiv verhindern lässt. Allerdings haben DCIS Patientinnen auch ohne Bestrahlung eine sehr gute Prognose. Die onkologische Notwendigkeit und die Kosten-Effektivität der postoperativen Radiotherapie wird daher zunehmend bezweifelt. Im vorliegenden Forschungsprojekt haben die Forschenden eine gesundheitsökonomische Simulation durchgeführt, um die Kosten-Effektivität der postoperativen Radiotherapie beim DCIS zu überprüfen. 

Resultate
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Kosten-Effektivität wurde für verschiedene Gruppen von DCIS Patientinnen untersucht. In einer DCIS Patientinnen-Gruppe mit einer Altersspanne von 34-85 Jahren, war die Radiotherapie nicht-kosteneffektiv. Bei der Simulation einzelner Patientinnen-Gruppen zeigte sich allerdings, dass die Radiotherapie bei jungen Patientinnen (Alter <40) mit einem geringen Rückfallrisiko und bei Patientinnen im Alter von 40-60 Jahren mit einem durchschnittlichen Rückfallrisiko kosteneffektiv sein kann. Die Kosteneffektivität konnte zusätzlich durch die sogenannte Hypofraktionierung, d.h. eine Radiotherapie in einer geringeren Anzahl an Sitzungen, verbessert werden. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass für die Kosten-Effektivität der postoperativen Radiotherapie beim DCIS von der sorgfältigen Selektion der Patientinnen abhängt und durch Hypofraktionierung verbessert werden kann.

Originaltitel: PrevenT ReAdmissions of Cancer patients at the KSA – The TRACK Project A retrospective, case-control, single-center study
Projekt-Nummer:  HSR-4955-11-2019
Projektleitung: Dr. med. Tristan Struja, Allgemeine Innere und Notfallmedizin, Kantonsspital Aarau AG
Dauer: 01.04.2020-30.09.2021

Hintergrund
Gerade Personen mit Krebs sind häufig sehr krank und müssen im Spital behandelt werden. Dabei haben sie ein hohes Risiko nach Spitalaustritt erneut hospitalisiert werden zu müssen. Solche Wiedereintritte (Rehospitalisationen) sind eine grosse Belastung für die Patienten und ihre Angehörigen. Das Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes war es basierend auf Datenbanken, die Charakteristika von Patienten mit Wiedereintritt mit solchen ohne Wiedereintritt zu vergleichen und einen Risikorechner zu kreieren mit Hilfe dessen Ärzte die Wahrscheinlichkeit für einen Wiedereintritt berechnen können. Im Falle einer erhöhten Wahrscheinlichkeit könnten dann geeignete präventive Massnahmen ergriffen werden, um das Wiedereintrittsrisiko zu senken. 

Resultate
Die Forschenden stützten sich u.a. auf den Datensatz “Medizinische Statistik” des Bundesamtes für Statistik (BFS) und haben basierend darauf vier verschiedene Algorithmen trainiert. In einem zweiten Schritt haben sie die Wahrscheinlichkeit für einen Wiedereintritt mit einer klassischen statistischen Methode, der logistischen Regression, und einen Machine Learning Algorithmus berechnet. In einer Nachfolgearbeit wollen sie diese Algorithmen nun verfeinern und für den praktischen Gebrauch testen.

Publikationen

  • Calzolari C. Missing Data Imputation in Hospital Administrative Claims Data. Master Thesis ETH Zurich, October 14, 2021

Originaltitel: Patient preferences regarding benefits and harms of advanced prostate cancer treatments in Switzerland
Projekt-Nummer:  HSR-4950-11-2019
Projektleitung: Prof. Dr. Milo Puhan, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich (UZH)
Dauer: 01.05.2020-28.02.2022

Hintergrund
In den letzten Jahren sind mehrere neue Behandlungen für fortgeschrittenen Prostatakrebs verfügbar geworden. Sie haben die Prognose für die Betroffenen erheblich verbessert, gleichzeitig haben sie aber bei einigen Patienten auch starke Nebenwirkungen und können grossen Schaden anrichten. Bei der Wahl der Behandlung ist es daher wichtig, den Nutzen gegen die möglichen Schäden der Behandlungen abzuwägen. Bei dieser Entscheidung spielen die Werte und Wahrnehmungen der Patienten – mit anderen Worten, ihre Präferenzen – eine wichtige Rolle. 
Bislang ist nur wenig darüber bekannt, welche Präferenzen Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs in Bezug auf ihre Behandlung haben und wie sehr diese Präferenzen zwischen den betroffenen Männern variieren. Ziel dieses Forschungsprojekts war es, die Präferenzen von Männern mit fortgeschrittenem Prostatakrebs in Bezug auf den Nutzen und die möglichen Schäden der Behandlung besser zu verstehen.

Resultate
Mit ihrem Projekt konnten die Forschenden zeigen, dass es große Unterschiede gibt, wie Männer Nutzen und Schaden einer Behandlung abwägen. Die Patienten- und Expertenbefragungen haben gezeigt, dass Schwere, Dauer und Folgen der Nebenwirkungen für das tägliche Leben der Patienten wichtige Faktoren sind zur Beurteilung der Nachteile der Behandlung. Ein längeres Überleben und eine verbesserte gesundheitsbezogene Lebensqualität wurden häufig als wichtigste Vorteile genannt. Die Forschenden fanden keine Hinweise darauf, dass bestimmte Faktoren (z. B. das Alter oder das Krankheitsstadium) einen deutlichen Einfluss auf die Präferenzen haben. Gleichzeitig fanden die Forschenden Hinweise darauf, dass es zwei Hauptgruppen von Männern gibt. Männer, die entweder ein möglichst langes Leben (unter Inkaufnahme mehrerer Nebenwirkungen) wünschten oder Männer, die möglichst wenige Nebenwirkungen (unter Inkaufnahme eines kürzeren Überlebens) bevorzugten.
Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass es in der klinischen Praxis sehr wichtig ist, die Patientenpräferenzen individuell zu erörtern, um eine optimale Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs zu gewährleisten.

Originaltitel: Changes of health-related quality of life after high-risk abdominal surgical oncology;a prospective observational study; ChangeQol study
Projekt-Nummer:  HSR-4949-11-2019
Projektleitung: Dr Julien Maillard, Anaesthesiology, University Hospital Geneva
Dauer: 01.09.2020-02.03.2023

Hintergrund
Die Lebensqualität ist ein wichtiges Ziel in der Chirurgie, insbesondere bei älteren und gebrechlichen Patientinnen und Patienten. Bis heute wissen wir nicht genau, wie hoch der Anteil der Patientinnen und Patienten ist, deren Lebensqualität nach einer grossen Krebsoperation sinkt. Darüber hinaus wird das Bedauern, eine solche Operation durchgeführt zu haben, bei Betroffenen und ihren Angehörigen nur sehr selten erfasst.
Das Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, 1) den Anteil der Patient:innen zu messen, die ihre Lebensqualität nach einer grossen Krebsoperation als eingeschränkt wahrnehmen, und 2) zu erfassen, wie stark Patient:innen und Angehörige die Entscheidung für eine Operation bereuen.

Resultate
Die Studie hat die geplanten 295 Patient eingeschlossen. Bei einigen der Studienteilnehmenden führen die Forschenden noch die Nachuntersuchungen nach 6 Monaten und 1 Jahr durch. Die Ergebnisse der Studie werden verfügbar sein, sobald diese Nachuntersuchungen abgeschlossen sind. Sobald diese Daten vorliegen, werden die Forschenden in der Lage sein, die Patientinnen und Patienten zu identifizieren, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass ihre Lebensqualität nach einer grösseren Operation abnimmt.

Publikationen

  • Maillard J, Elia N, Ris F, Courvoisier D, Zekry D, Galy IL, Toso C, Mönig S, Zaccaria I, Walder B. Changes of health-related quality of life 6 months after high-risk oncological upper gastrointestinal and hepatobiliary surgery: a single-centre prospective observational study (ChangeQol Study). BMJ Open 2023; 13:e065902. doi: 10.1136/bmjopen-2022-065902.

Originaltitel: Improving outcomes for men with germ-cell cancer through a supra-regional second-opinion online portal and national expert advice
Projekt-Nummer:  HSR-4947-11-2019
Projektleitung: Prof. Dr. med. Jörg Beyer, Medizinische Onkologie, Inselspital Bern
Dauer: 01.06.2020-31.05.2023

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: The Swiss Cancer Patient Experiences-2 (SCAPE-2) study: a national survey
Projekt-Nummer:  HSR-4946-11-2019
Projektleitung: Ms Chantal Arditi, Département Epidemiologie et Systèmes de Sante, Unisanté - Centre universitaire de médecine générale et santé publique - Lausanne
Dauer: 01.10.2020-30.09.2022

Hintergrund
Krebs ist eine Krankheit, die viele Menschen betrifft und das Leben der Betroffenen sowie ihres Umfeldes erheblich beeinflusst. Neben den gesundheitlichen Auswirkungen der Krankheit und der Behandlung beeinträchtigt Krebs auch das Familien-, Sozial- und Berufsleben der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Das Hauptziel der Studie SCAPE-2 bestand darin, die Sichtweisen und Pflegeerfahrungen von Krebspatientinnen und –patienten zu erfassen, um zuverlässige Daten über die wahrgenommene Qualität der onkologischen Pflege während des gesamten Pflegeverlaufs in der West- und Deutschschweiz zu erhalten. Zu diesem Zweck verschickten die Forschenden einen Papierfragebogen an fast 7’000 Personen, die an Krebs erkrankt waren und in vier Spitälern in der Westschweiz sowie vier Krankenhäusern in der Deutschschweiz zwischen September und Oktober 2021 behandelt wurden.

Resultate
3’220 Personen füllten den Fragebogen aus (Rücklaufquote 49 %). Die Gesamtbewertung der Pflege war mit einem Durchschnittswert von 8.9 auf einer Skala von 0 (am schlechtesten) bis 10 (am besten) recht hoch. Insgesamt wurde die erhaltene Pflege gut bewertet, insbesondere die diagnostischen Untersuchungen und die Pflege während des Krankenhausaufenthalts sowie während der ambulanten Konsultationen. Es gab jedoch auch eine Reihe von Punkten, die verbessert werden sollten, wie etwa die Krebsdiagnose, die für die Betroffenen und ihre Angehörigen einen sehr einschneidenden Schritt darstellt. Vier von zehn Befragten gaben an, dass ihnen nicht mitgeteilt wurde, dass sie Unterstützung erhalten können, und dass sie keine schriftlichen Informationen über ihre Krebserkrankung erhalten hätten, die sie nach der Diagnose hätten lesen können. Ein weiterer Bereich der Pflege, der verbessert werden muss, betrifft die langfristigen Nebenwirkungen, bei denen die Patientinnen und Patienten mehr Informationen und unterstützende Pflege benötigen. Auch das Unterstützungsangebot für Krebsbetroffene bei ihrer Rückkehr nach Hause und nach Abschluss der Behandlung kann verbessert werden.
Die Studie SCAPE-2 hat gezeigt, dass die Krebsversorgung nicht allen Bedürfnissen gerecht wird. Im Jahr 2023 folgt eine weitere Umfrage, SCAPE-CH, die 20 Krankenhäuser, einschliesslich solcher in der italienischen Sprachregion, einbezieht. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Studie: www.scape-enquete.ch

Originaltitel: Oncofertility after-care in Switzerland: assessment of the current state and the needs of cancer survivors and health care professionals and preparation of a model of care
Projekt-Nummer:  HSR-4945-11-2019
Projektleitung: Prof. Dr. med. Sibil Tschudin, Frauenklinik - Gynäkologische Sozialmedizin und Psychosomatik, Universitätsspital Basel
Dauer: 01.04.2020-31.03.2023

Hintergrund
Fertilität ist eines der wichtigsten Themen, die Krebsbetroffene ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung und bis über das Therapieende hinaus beschäftigen. Daher sollte die Beratung zu fertilitätserhaltenden Massnahmen nicht nur vor Behandlungsbeginn stattfinden, wenn die Entscheidung für oder gegen Fertilitätserhalt ansteht, sondern auch in die Nachsorge integriert werden. Da bisher nur wenige offizielle Guidelines das Thema Fertilität in der Nachsorge systematisch behandeln, besteht diesbezüglich Handlungsbedarf. Zudem ist unklar, von wem die Patientinnen und Patienten Informationen zur Fertilität in der Nachsorge erhalten oder an wen sie sich mit entsprechenden Fragen wenden sollen. 
Ziel dieses Projekts war es, die nötigen Informationen zu sammeln, um ein standardisiertes Nachsorgekonzept zum Thema Fertilität für Krebspatientinnen in der Schweiz zu entwickeln. Die Forschenden befragten Krebspatientinnen mittels eines Fragebogens zu ihren Erfahrungen, ob und wie das Thema Fertilität in der Nachsorge aufgegriffen wurde. Zudem wollten sie von in die Nachsorge involvierten Fachpersonen wissen, wie sie mit diesem Thema umgehen.

Resultate
Die Mehrheit der Patientinnen bestätigte die Wichtigkeit des Themas Fertilität auch in der Nachsorge und war überwiegend zufrieden damit. Gleichwohl berichtete ein beträchtlicher Anteil der Patientinnen, dass ihre Fertilität in der Nachsorge nie thematisiert wurde. Ein häufiger angegebener Grund für ungenügende Informationen war, dass die Patientinnen keinen „aktuellen Bedarf“ sahen. Nahezu alle befragten Fachpersonen erkannten das Thema Fertilität in der Nachsorge als sehr wichtig an, besprechen es jedoch oft nur unter bestimmten Umständen. Wer in der Nachsorge wann welche Informationen von wem erhält, erwies sich als uneinheitlich. Daraus lässt sich der Bedarf an einem standardisierten Modell ableiten.

Originaltitel: Primary care continuity in Swiss cancer patients and its impact on avoidable hospitalisations and intensity of treatment at the end of life: a follow-up project
Projekt-Nummer:  HSR-4944-11-2019
Projektleitung: Dr. Caroline Bähler, Department of Health Sciences, Helsana
Dauer: 01.03.2021-28.02.2022

Hintergrund
Die medizinische Versorgung von Krebsbetroffenen erfordert ein multidisziplinäres Team, einschliesslich Onkologen und Hausärzten. Die Zusammenarbeit zwischen diesen verschiedenen Leistungserbringern im Gesundheitswesen stellt einen sensiblen Punkt in Bezug auf eine qualitativ gute und sichere Gesundheitsversorgung dar. Internationale Untersuchungen ergaben, dass eine höhere Kontinuität in der Versorgung mit weniger Spitaleinweisungen und Notaufnahmen verbunden war. 
Das Ziel der vorliegenden Studie war es herauszufinden, wie sich die Kontinuität in der Versorgung auf potenziell vermeidbare Hospitalisationen und auf die Behandlungsintensität am Lebensende auswirkt. Die Studie basiert auf anonymisierten Abrechnungsdaten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, die zwischen 2014 und 2017 eine Chemotherapie erhielten. 

Resultate
Insgesamt wurden Daten von 14’196 Krebsbetroffenen in der Studie analysiert. Die Analyse dieser Daten deutet darauf hin, dass die ambulante Versorgung durch Hausärzte
mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für potenziell vermeidbare Hospitalisationen verbunden ist. Die Resultate fielen jedoch nicht konsistent aus. Hingegen zeigte sich eindeutig, dass die Kontinuität in der ambulanten Versorgung durchweg mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit intensiver Interventionen am Lebensende verbunden. Wir vermuteten, dass die höhere Behandlungskontinuität zu einer Versorgung führt, die den Präferenzen der Patientinnen und Patienten eher entspricht und daher in vielen Fällen weniger intensiv und aggressiv ist.

Originaltitel: TOCCATA - ImpacT of the COVID-19 crisis on the quality of Cancer cAre in SwiTzerlAnd: a controlled time-series analysis using insurance and hospital claims data
Projekt-Nummer: HSR-5225-11-2020
Projektleitung: Dr Marie-Annick Le Pogam, Département Epidémiologie et Servives de Santé (DESS), Unisanté - Centre universitaire de médecine générale et santé publique - Lausanne
Dauer: 01.10.2021-30.09.2023

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: Improving organised colorectal cancer screening programmes in Switzerland: an implementation science study
Projekt-Nummer:  HSR-5224-11-2020
Projektleitung: Prof. Dr. phil. Lauren Clack, Institut für Implementation Science in Health Care, Universität Zürich (UZH)
Dauer: 01.10.2021-30.09.2023

Hintergrund
Derzeit bieten etwa die Hälfte aller schweizerischen Kantone ihren 50- bis 69-jährigen Bürgerinnen und Bürger eine regelmässige Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung an. Diese umfasst entweder eine Koloskopie oder einen Blut-im-Stuhl-Test (FIT) und wird mittlerweile in vielen Kantonen innerhalb eines organisierten Programms angeboten. Die Mehrzahl der organisierten Darmkrebsvorsorgeprogramme, die derzeit in der Schweiz existieren, wurden in den letzten fünf Jahren etabliert. Dieses Forschungsprojekt untersucht die Implementierung schweizerischer Darmkrebsvorsorgeprogramme: 1) Was sind die Charakteristika existierender, organisierter Darmkrebsvorsorgeprogramme in der Schweiz? 2) Was sind typische Herausforderungen, auf die Akteur bei der Implementierung solcher Programme stossen? 3) Mit welchen Strategien arbeiten organisierte Darmkrebsvorsorgeprogramme, um die Implementierung zu ermöglichen und zu verbessern? Um diese Fragen zu beantworten, haben die Forschenden in diesem Projekt systematisch die Literatur zu organisierten Darmkrebsvorsorgeprogrammen untersucht. Zudem haben sie mit zentralen Akteuren gesprochen, die in die Arbeit mit schweizerischen Darmkrebsvorsorgeprogrammen involviert sind, um deren Wissen und Erfahrung zur Programmimplementierung zu erfassen.

Resultate
Viele Programme bieten den FIT-Test und die Koloskopie zur freien Auswahl an. In einigen Kantonen ist der Zugang zur Koloskopie jedoch eingeschränkt – aus finanziellen Gründen, aufgrund begrenzter Kapazitäten in der Gastroenterologie oder um ein Programm bewusst niederschwellig zu gestalten. Allgemeinmedizinische Ärzte und Gastroenterologen sind zentrale Dienstleister, die in allen kantonalen Programmen eingebunden sind. Einige Kantone beziehen zudem Apotheken und Gynäkologen mit ein. Herausforderungen in der Implementierung ergeben sich durch eine komplexe Programmverwaltung. Die Etablierung eines Programms dauert daher häufig ein bis zwei Jahre. Das dezentrale schweizerische Gesundheitssystem führt dazu, dass jedes neue organisierte Darmkrebsvorsorgeprogramm kantonal von Grund auf durchdacht und aufgebaut wird. Während Kantone, die mit diesem Aufbau beginnen, häufig andere Kantone mit Implementierungserfahrung kontaktieren, um von ihnen zu lernen, ist eine kantonsübergreifende Zusammenarbeit nur bedingt institutionalisiert und vom individuellen Engagement der Programm-Protagonist abhängig. Es besteht daher ein Bedürfnis, das kantonale Wissen zur Programmimplementierung und die dazugehörige Erfahrung systematischer zu sammeln und anzuwenden. Ein solcher Prozess kann zur weiteren Stärkung und Verbreitung organisierter Darmkrebsvorsorgeprogramme beitragen und ist zentral für die Zukunft schweizerischer Darmkrebsvorsorgeprogramme.

Publikationen

  • Albers B, Auer R, Caci L, Nyantakyi E, Plys E, Podcmore C, Riegel F, Sely K, Walder J, Clack L. Implementing organized colorectal cancer screening programs in Europe - protocol for a systematic review of determinants and strategies. Systematic Reviews, 12(1), 26 (2023). doi: 10.1186/s13643-023-02193-6.

Originaltitel: Analysis of late survival effects, toxicity and outcome of the allogeneic hematopoietic stem cell transplantation for Non-Hodgkin lymphoma in Switzerland. Comparison with autologous stem cell transplantation
Projekt-Nummer: HSR-5223-11-2020
Projektleitung: Dr. med. Ekaterina Rebmann Chigrinova, Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor (UKH-HZL), Inselspital Bern
Dauer: 01.01.2021-30.06.2022

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: Machine learning techniques for personalized breast cancer prognosis – Swiss BCpro
Projekt-Nummer: HSR-5222-11-2020
Projektleitung: Dr. Chang Ming, Departement of clinical research, University of Basel
Dauer: 01.06.2021-28.02.2022

Hintergrund
Ein Prognosemodell, das die Fähigkeit besitzt, Patientinnen und Patienten in verschiedene Risikogruppen einzuteilen und die Gesamtüberlebenszeit abzuschätzen, kann die Wahl der Behandlung beeinflussen und Betroffene vor unnötigen Behandlungen bewahren. Klinikerinnen und Kliniker können den Betroffenen individualisierte Behandlungs- und Krankheitsmanagementstrategien anbieten, wenn ein solches zuverlässiges und genaues Prognosemodell verfügbar ist. Solche Tools sind jedoch grundsätzlich auf behandlungsspezifische Patientengruppen beschränkt. In diesem Projekt entwickelten die Forschenden ein maschinelles Lernmodell für Brustkrebs, das Swiss-BCpro, und validierten es, um eine personalisierte Behandlung von Brustkrebs mit Daten aus den Schweizer Krebsregistern zu unterstützen.

Resultate
Bei Verwendung der gesamten Kohorte, die über 13.000 Brustkrebspatientinnen umfasste, erreichten klassische Ansätze wie Cox-Regressionsmodelle und Konkurrenzrisikomodelle eine Genauigkeit bei der Überlebensvorhersage von 0,821 bzw. 0,844, während maschinelles Lernen mit XGBoost und neuronalen Netzwerken eine Genauigkeit von 0,833 bzw. 0,869 erreichte. Beim Aufbau stadienspezifischer Modelle übertraf das maschinelle Lernen klassische Ansätze für Brustkrebs im Stadium 1, Stadium 2 und Stadium 3.
Bei der Verwendung der verfügbaren Prädiktoren aus dem Krebsregister zeigten maschinelles Lernen-basierte Methoden im Vergleich zu regressionsbasierten Ansätzen insgesamt eine bessere und konsistentere Leistung, insbesondere bei der Vorhersage von krebsstadienspezifischen Überlebensraten bei Brustkrebs.

Originaltitel: LENTIL - quaLity critEria iN paediaTrIc oncoLogy
Projekt-Nummer: HSR-5219-11-2020
Projektleitung: Associate Prof. Dr. med. Katrin Scheinemann, Pädiatrische Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital Aarau AG
Dauer: 01.01.2022-31.12.2024

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: Preoperative smoking cessation programme in cancer patients undergoing surgery: a randomized controlled trial
Projekt-Nummer: HSR-5217-11-2020
Projektleitung: Prof. Dr. Milo Puhan, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich (UZH)
Dauer: 01.05.2021-30.04.2025

Laufendes Forschungsprojekt

Originaltitel: Improving access to screening for hearing loss after childhood cancer – a novel community-based approach
Projekt-Nummer: HSR-4951-11-2019
Projektleitung: Prof. Dr. med. Claudia E. Kuehni, Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern
Dauer: 01.05.2020-30.04.2023

Hintergrund
Gewisse Krebstherapien, die bei Kindern eingesetzt werden, können das Gehör als Nebenwirkung schädigen. Mit wiederholten Hörtests können solche Hörprobleme frühzeitig festgestellt werden. Hörgeräte, Logopädie und andere Massnahmen können Hörprobleme korrigieren oder deren Folgen verringern. Ärztliche Richtlinien zur Nachsorge nach einer Krebserkrankung empfehlen daher, dass Patientinnen und Patienten nach einer Platinbehandlung oder einer Schädelbestrahlung bis ins Erwachsenenalter regelmässig Hörtests durchführen lassen. Eine frühere Untersuchung in der Schweiz zeigte jedoch, dass diese Nachuntersuchungen nur bei einem Teil der Betroffenen stattfanden. Die Gründe dafür sind unklar; Kapazitätsprobleme bei Kliniken oder weite Anfahrtswege könnten eine Rolle spielen.
Diese HEAR-Studie testete deshalb ein alternatives Screening-Verfahren für Kinderkrebsüberlebende, bei dem kostenlose Höruntersuchungen ausserhalb eines ärztlichen Settings und möglichst nahe am Wohnort angeboten wurden. Im Sinne eines Empowerments wurden ehemalige Betroffene auf das Risiko einer Gehörschädigung aufmerksam gemacht und zu einem kostenlosen Hörtest in einer nahen Filiale eines Hörgeräteanbieters eingeladen. Die Wahl der Filiale und die Anmeldung zum Test erfolgten durch die Studienteilnehmenden selbst. Das Ergebnis des Hörtests erhielten sie vom Fachgeschäft ausgehändigt.

Resultate
Die Hörtests, Interviews und Fragebögen wurden im Juli 2023 abgeschlossen. Generell war das Angebot gut durchführbar und stiess auf reges Interesse. Von 1’604 eingeladenen Personen bekundeten 477 (30 %) Interesse an einer Teilnahme, 406 (25 %) füllten einen Fragebogen aus und 334 (21 %) liessen einen Hörtest durchführen. Die Auswertung der Fragebögen zeigte, dass das Angebot fast durchweg als positiv (29 %) oder sehr positiv (61 %) empfunden wurde. Leider nahmen letztendlich nur eine begrenzte Anzahl der Fachgeschäfte an der Studie teil, wodurch die Anreise für einige Teilnehmer länger war als ursprünglich geplant. Die Auswertung der Testresultate, insbesondere wie viele Personen bis dahin unbekannte Höreinschränkungen hatten, ist noch nicht abgeschlossen. Von den 248 Teilnehmenden, die die Nachbefragung bereits ausgefüllt haben, gaben 15 (6 %) an, dass ihnen vor diesem Hörtest die Einschränkung ihres Hörvermögens nicht bewusst war oder sich der Grad der Hörprobleme verändert hatte. Sechs Personen (2 %) haben zudem vor, sich ein Hörgerät anzuschaffen oder haben dies bereits getan. Diese Ergebnisse lassen die vorsichtige Schlussfolgerung zu, dass solche niederschwelligen Nachsorgeangebote ergänzend zu den etablierten interdisziplinären Nachsorgekliniken auch in Zukunft angeboten werden könnten.