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Rolf Marti und Peggy Janich – Das Gespräch zur Stabsübergabe

Nach 18 Jahren an der Spitze der Geschäftsstelle der Krebsforschung Schweiz tritt Rolf Marti ab, Peggy Janich hat am 1. Juni 2021 die Leitung übernommen. Das Gespräch zur Stabsübergabe.

Rolf Marti, Sie gehen nach einer fast zwei Jahrzehnte langen Wirkenszeit bei der Forschungsförderung in Pension. Was bleibt Ihnen in besonders guter Erinnerung?
Rolf Marti: Natürlich vieles! Vielleicht in erster Linie die Zusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Kommission (WiKo). In diesem Gremium sitzen Top-Forscherinnen und Forscher, die für eine geringfügige Entschädigung erstklassige Arbeit leisten und die eingereichten Forschungsgesuche gründlich prüfen. Die Diskussionen für die Auswahl der besten Projekte mitzuverfolgen, fand ich immer sehr spannend.Vor acht Jahren haben wir die Entscheidungsprozesse extern evaluieren lassen. Dabei hat eine Umfrage unter mehr als 200 Forschenden ergeben, dass eine grosse Mehrheit die Evaluation als transparent, fair und qualitativ gut erachtet. Eine bibliometrische Auswertung hat gezeigt, dass viele geförderte Projekte in Publikationen münden, die oft zitiert werden. Das bedeutet, dass die WiKo eine exzellente Auswahl der Gesuche trifft – und wir also Forschungsarbeiten unterstützen, die qualitativ hochstehend und bedeutsam sind.Sehr gefallen hat mir auch, am Puls der Forschung – und dadurch oft der Zeit voraus – zu sein. So haben zum Beispiel die Forschungsgesuche für Immuntherapien vor zehn, fünfzehn Jahren sprunghaft zugenommen. Jetzt beobachten zu dürfen, wie diese Erkenntnisse in der klinischen Realität angelangt sind und direkt Patientinnen und Patienten zugutekommen, ist ein schönes Gefühl.

Welche Entwicklungen hat die Forschungsförderung seit 2003, als Sie angefangen haben, durchlaufen?
Rolf Marti: Das Fördervolumen ist stark gewachsen, von etwas über fünf Millionen auf nun über zwanzig Millionen Franken pro Jahr. Das ist ein riesiger Fundraising-Erfolg. Wir sind sehr dankbar, dass so viele Personen bereit sind, die Krebsforschung zu unterstützen. Es sind auch immer mehr Stiftungen hinzugekommen. Mit dem sorgfältigen Auswahlverfahren der WiKo haben wir uns über die Jahre ihr Vertrauen erarbeitet. Wenn sie Gelder für ein Projekt sprechen, das die WiKo zur Förderung empfohlen hat, wissen sie, dass sie in wichtige und richtige Projekte investieren.

Peggy Janich: Neben der freien Projektförderung hat die Krebsforschung Schweiz immer auch ein Auge auf die Forschungslandschaft in der Schweiz und allfällige Finanzierungslücken geworfen. So sind im Jahr 2005 die ersten Forschungsvereinbarungen entstanden, mit denen wir auch Forschungstätigkeiten entgelten, die – wie etwa die Datenaufbereitung in Krebsregistern – mehr im Hintergrund ablaufen. Viele dieser Aktivitäten sind längerfristig angelegt und entziehen sich ein Stück weit der Projektlogik, bei der innert drei Jahren Resultate herausschauen müssen. Dabei stützen sich viele Projekte aber auf Langzeitdaten – und wären also ohne diese Tätigkeiten im Hintergrund gar nicht möglich.

Rolf Marti: Ausserdem hat die Krebsforschung Schweiz immer auch Akzente gesetzt, um etwa mit spezifischen Programmen Forschungsaktivitäten in einem in der Schweiz noch wenig beachteten Gebiet anzustossen oder die Zusammenarbeit – auch über disziplinäre Grenzen hinweg – zu fördern. So unterstützte die Krebsforschung Schweiz von 2003 bis 2010 im Rahmen der so genannten «Collaborative Cancer Research Projects» (CCRP) insgesamt sechs grossangelegte, translationale Projekte, die Brücken zwischen der Grundlagenforschung und der medizinischen Anwendung bildeten. Und mit unserem letzten Programm haben wir gezielt die onkologische Versorgungsforschung gestärkt, bei der die Qualität, der Nutzen und die Kosten der medizinischen Versorgung untersucht werden und oft das Erleben der Betroffenen im Zentrum steht.

Peggy Janich, seit Juni dieses Jahres sind Sie die neue Geschäftsführerin der Krebsforschung Schweiz.
Peggy Janich:  Ja, allerdings ist das für mich kein abrupter Beginn. Ich arbeite schon seit fünf Jahren bei der Krebsliga Schweiz und leite seit vier Jahren die Abteilung Forschungsförderung. In dieser Zeit habe ich viel von Rolfs Wissen profitiert – und immer mehr Verantwortung übernehmen können. So bin ich fast auf natürliche Weise in meine neue Funktion hineingewachsen. Ich weiss, dass ich in grosse Fussstapfen trete ...Rolf Marti: Grösse 43!

Peggy Janich: ... aber natürlich freue ich mich darauf, die Zukunft der Krebsforschung Schweiz mitzugestalten.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?
Peggy Janich: Eine Herausforderung liegt sicherlich darin, im Fundraising-Bereich das hohe Niveau zu halten. Das wird wegen der immer stärkeren Konkurrenz im Kampf um die Geldmittel wohl zusehends schwieriger. Hinzu kommt, dass die Forschung enorme Fortschritte gemacht hat. Heute schaut sich ein Projekt nicht mehr ein einzelnes Gen an, sondern das gesamte Erbgut. Oft geht es um vielfältige Wechselwirkungen zwischen Tumoren und dem Immunsystem. Die Krebsforschung ist sehr, sehr komplex – und auch entsprechend teuer – geworden. Wir erhalten auch immer mehr qualitativ gute Forschungsgesuche, die bei der Evaluation durch die WiKo zwar sehr gut abschneiden, für die aber unsere begrenzten Mittel leider nicht reichen. Das ist für alle – für die WiKo, für die Forschenden und auch für uns – frustrierend. Wir versuchen deshalb, vermehrt aufzuzeigen, was mit den Spendengeldern erreicht wird. Für Laien ist Forschung an sich zwar ein wichtiges Thema, aber oft wenig fassbar. Mit einer neuen Podcast-Reihe versuchen wir nun, den unmittelbaren Nutzen hervorzuheben: Darin stellen wir dar, wie Betroffene und Angehörige in einer speziellen Situation direkt von der Forschung profitieren. Dadurch hoffen wir, das Engagement der Krebsforschung Schweiz bekannter zu machen und natürlich auch zusätzliche Mittel zu generieren. Die brauchen wir, um neue Forschungsergebnisse zu ermöglichen. Der Erkenntnisgewinn in der Krebsforschung verläuft exponentiell. Deshalb werden wir in den nächsten Jahren in immer kürzeren Abständen Fortschritte im Diagnose- wie auch im Behandlungsbereich erleben.

«Mit dem sorgfältigen Auswahlverfahren haben wir uns über die Jahre das Vertrauen erarbeitet»
«Wir werden in den nächsten Jahren in immer kürzeren Abständen Fortschritte erleben»