«Die Covid-19-Pandemie war für uns alle ein einschneidendes Ereignis, besonders aber für Krebsbetroffene und andere vulnerable Personen», ist Prof. Sabine Rohrmann überzeugt. Sie ist Epidemiologin und Leiterin des kantonalen Krebsregisters Zürich, Zug, Schaffhausen und Schwyz. In ihrem aktuellen Forschungsvorhaben möchte sie die Auswirkungen der Pandemie anhand von Daten aus dem Krebsregister untersuchen. Inzwischen haben viele Länder bereits Berichte veröffentlicht, wonach die Einschränkungen infolge der Pandemie dazu geführt haben, dass Menschen seltener zu Krebsvorsorgeuntersuchungen gingen. Zudem sei es für Krebsbetroffene schwieriger gewesen, Termine für Untersuchungen zu erhalten, oder Behandlungstermine seien verschoben worden. Eine vergleichbare Studie für die Schweiz fehlte bislang.
Vollständige Datensätze
Sabine Rohrmann und ihr Team möchten das nun ändern. Sie untersuchen erstmals in der Schweiz, ob die Covid-19-Pandemie einen Einfluss auf die Diagnose und Behandlung von Krebsbetroffenen hatte. Dies mithilfe wertvoller Daten: «Das grösste Krebsregister der Schweiz ist das Krebsregister der Kantone Zürich, Zug, Schaffhausen und Schwyz. Anhand seiner Daten können wir auch die Effekte auf bestimmte Krebserkrankungen wie Brust- und Lungenkrebs oder Melanome genauer anschauen.»
Konkret wird Sabine Rohrmann die Anzahl diagnostizierter Krebserkrankungen, aber auch das Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose sowie den Zeitraum zwischen Diagnosestellung und Behandlungsbeginn analysieren. «Mit den Daten des Krebsregisters, die alle Krebsneuerkrankungen in einem Kanton erfassen, können wir die Konsequenzen der getroffenen Massnahmen im Zuge der Pandemie genauer untersuchen.»
Erkenntnisse für weitere Pandemien
Mitte 2023 hat das Krebsregister die Daten für das Jahr 2020 vervollständigt, also für das Jahr, in dem Covid-19 in der Schweiz den ersten Höhepunkt erreichte. «Wir werden jetzt gezielt schauen, wie die Verteilung der Krebsfälle über die Monate der Jahre 2020 und 2021 ist, um zu sehen, ob während des Lockdowns weniger und danach mehr Fälle diagnostiziert wurden», beschreibt Sabine Rohrmann ihr Forschungsprojekt.
Das Ziel der Epidemiologin: «Unsere Studie ist ein erster Schritt in der Schweiz, damit wir die Auswirkungen von Lockdowns auf die Versorgung von Krebsbetroffenen bewerten können.» Doch Sabine Rohrmann denkt bereits weiter: «Die Ergebnisse sollen einige Folgen des Schweizer Managements der Covid-19-Pandemie aufzeigen – etwa, wie wir bei künftigen Pandemien die Versorgung von Krebsbetroffenen bestmöglich gewährleisten können.»
Projekt-Nummer: KFS-5731-02-2023