Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit. Allein in der Schweiz erkranken jedes Jahr rund 6’600 Frauen daran. In etwa 70 bis 80 % der Fälle handelt es sich um sogenannte hormonrezeptor-positive Tumoren (HR+).
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit. Allein in der Schweiz erkranken jedes Jahr rund 6’600 Frauen daran. In etwa 70 bis 80 % der Fälle handelt es sich um sogenannte hormonrezeptor-positive Tumoren (HR+).
Diese Tumoren haben in den Zellen bestimmte Rezeptoren, die wie kleine Antennen funktionieren. Über diese Rezeptoren können die Tumorzellen auf Signale von weiblichen Hormonen wie Östrogen und Progesteron ansprechen und diese in Befehle umsetzen, die das Verhalten der Zellen beeinflussen. Der Einfluss dieser beiden Hormone auf die normale Entwicklung des Brustgewebes und die Entstehung hormonabhängiger Tumoren ist gut untersucht.
Weniger beachtet wurde bisher das Hormon Testosteron, obwohl es nicht nur im männlichen, sondern auch im weiblichen Körper, eine wichtige Rolle spielt. Besonders im Zusammenhang mit hormonellen Verhütungsmitteln und Hormonersatztherapien wird Testosteron zunehmend relevant. Einige dieser Therapien enthalten sogenannte Gestagene, d.h. natürliche oder künstlich hergestellte Hormone, die im Körper ähnlich wie das körpereigene Progesteron wirken. Je nach ihrer Struktur können Gestagene jedoch auch ähnlich wie Testosteron wirken oder die Wirkung von Testosteron blockieren.
Gestagene werden häufig eingesetzt, um die Gebärmutterschleimhaut vor übermässigem Wachstum durch Östrogen zu schützen. Da die Brust jedoch ebenfalls ein hormonabhängiges Gewebe ist, könnte sie möglicherweise unterschiedlich auf die Hormone reagieren als die Gebärmutterschleimhaut. Deshalb ist es wichtig, die Auswirkungen verschiedener Gestagene auch auf die Brust genauer zu untersuchen. Nur so kann der Nutzen der Therapie gegen mögliche Krebsrisiken abgewogen werden.
Um die hormonellen Zusammenhänge besser zu verstehen, untersucht das Team um Prof. Dr. Cathrin Brisken an der École polytechnique fédérale de Lausanne, wie sich verschiedene Hormone – einzeln und in Kombination – auf Brustzellen auswirken. Dabei wird sowohl gesundes Gewebe als auch hormonrezeptor-positives Brustkrebsgewebe analysiert.
Erste Ergebnisse zeigen: Brustzellen wuchsen besonders stark, wenn sie gleichzeitig mit Östrogen, Progesteron und Testosteron behandelt wurden. Auch bei synthetischen Gestagenen zeigte sich ein deutlicher Unterschied. Ein Gestagen mit testosteronähnlicher Wirkung förderte das Zellwachstum und machte die Zellen aggressiver – sowohl im gesunden als auch im veränderten Gewebe. Im Gegensatz dazu zeigte ein antiandrogenes Gestagen (das also testosteronhemmend wirkt) deutlich weniger Einfluss auf das Wachstum.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Art des eingesetzten Gestagens einen erheblichen Unterschied machen kann. Die Forschung befindet sich jedoch noch im frühen Stadium. Weitere Studien und längere Beobachtungszeiträume sind nötig, um diese Befunde zu bestätigen.
Millionen von Frauen verwenden hormonelle Verhütungsmittel oder Hormonersatztherapien, oft über Jahre hinweg. Wie sich diese langfristig auf das Brustgewebe und das Krebsrisiko auswirken, ist bislang noch nicht vollständig verstanden.
Die bisherigen Forschungsergebnisse legen nahe, dass Testosteron eine wichtige Rolle im hormonabhängigen Zellwachstum spielt. Dies insbesondere dann, wenn es gemeinsam mit Östrogen und Progesteron auftritt. Dies ist insbesondere während der Phasen des Menstruationszyklus der Fall, in denen alle drei Hormone erhöht sind.
Langfristig wollen Prof. Brisken und ihr Team dazu beitragen, die biologischen Grundlagen hormoneller Einflüsse besser zu verstehen. So sollen Hormontherapien gezielter eingesetzt und deren Risiken besser eingeschätzt werden – zum Schutz der Gesundheit von Millionen Frauen weltweit.
Projekt-Nummer: KFS-5771-02-2023
Das Projekt wird von der Krebsforschung Schweiz in Zusammenarbeit mit der Claudia von Schilling Foundation ermöglicht. |