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Expertin für die Umsetzung

In ihrem von der Stiftung Krebsforschung Schweiz geförderten Projekt hat Lauren Clack die kantonalen Programme zur Darmkrebsfrüherkennung untersucht. Dass die Programme verschieden aufgebaut sind, sei gerechtfertigt, meint die Spezialistin für Implementation Science.

Lauren Clack untersucht Darmkrebsfrüherkennungsprogramme.

Ihr Werdegang ist alles andere als geradlinig. Doch sie ist punktgenau dort gelandet, wo ihr Wissen in der ganzen Breite zur Geltung kommt. Lauren Clack hat zuerst in den USA Biologie, Französisch und Internationales studiert. Und sich dann am Universitätsspital Genf mit der Frage auseinandergesetzt, wie man Infektionen im Spital vorbeugen kann. Um diese Frage ging es auch in ihrer Doktorarbeit in Psychologie an der Universität Zürich, in der sie begünstigende und hemmende Faktoren sowohl auf der individuellen wie auch auf der organisatorischen Ebene untersuchte. Vor drei Jahren ist Lauren Clack schliesslich als Assistenzprofessorin an das neugegründete Institut für Implementation Science in Health Care der Universität Zürich berufen wurde (siehe Kasten). «Hier kommen alle Dinge zusammen, die ich auf meinem kurvenreichen Weg gelernt habe», sagt Clack. 
 

Nutzniesserin des Kantönligeists 

Beim Antritt ihrer Stelle habe sie bewusst angestrebt, ihre Tätigkeiten über die Infektionsprävention hinaus auszuweiten, meint die Expertin für die Umsetzung. Die Fördermittel der Stiftung Krebsforschung Schweiz für Projekte im Bereich Gesundheitsversorgung waren für Clack deshalb «ein Glücksfall». Sie hat einige Fachpersonen für Darmkrebsfrüherkennung kontaktiert – und gemeinsam mit ihnen die Idee entwickelt, die unterschiedlichen kantonalen Screeningprogramme miteinander zu vergleichen. «Weil solche Programme in einigen Kantonen wie etwa in der Waadt schon etabliert, aber in anderen Regionen erst noch im Aufbau sind, kam unser Projekt genau zur richtigen Zeit», sagt Clack. 

Für sie ist klar, dass ein solches Projekt etwa in den USA undenkbar wäre: «Nur schon ein einzelner Bundesstaat wie Michigan ist viermal so gross wie die Schweiz.» Im Gegensatz zu vielen anderen, die sich über den Kantönligeist im Gesundheitssystem beklagen, ist Clack froh um das kleinräumige föderale System. «Trotz den geringen geographischen Distanzen gibt es hier eine grosse Vielfalt von verschiedenen Ansätzen, die für unsere Forschung spannend und interessant sind», sagt Clack.
 

Kohärente Strategien 

Zusammen mit der Postdokorandin Bianca Albers von ihrem Team hat sie die Literatur zu den Screeningprogrammen analysiert, Interviews mit den Beteiligten durchgeführt und mehrere Diskussionstreffen organisiert. Mit dem Ziel, erstens die verschiedenen Ansätze der organisierten Darmkrebsvorsorge zu verstehen. Und zweitens, um die Kohärenz der Implementierungsstrategien zu überprüfen. 

Doch was ist unter Kohärenz zu verstehen? «Wir bezeichnen eine Strategie als kohärent, wenn sie an den Kontext, in dem sie umgesetzt wird, angepasst ist», antwortet Clack. «Der Kontext im dicht besiedelten Kanton Genf mit seiner grossen ausländischen Wohnbevölkerung unterscheidet sich stark vom Kontext im Kanton Jura, wo viele Menschen in weit verstreuten, kleinen Dörfern leben.» Während der Kanton Genf seiner Einwohnerschaft die Wahl lässt, entweder einen Blut-im-Stuhl-Test oder eine Darmspiegelung zu machen, bietet der Kanton Jura zur Darmkrebsfrüherkennung einzig den Blut-im-Stuhl-Test an. Nur wenn tatsächlich Blut im Stuhl gefunden wird, ist eine Darmspiegelung als Folgeuntersuchung vorgesehen. 
 

Auch die Auslastung der Gastroenterologen in Betracht ziehen 

Doch gerade weil sich die Kontexte unterscheiden, ergebe es Sinn, dass die kantonalen Screeningprogramme verschieden aufgebaut sind, erklärt Clack. «Die Unterschiede sind in den meisten Fällen gerechtfertigt», sagt Clack, denn: «Die im Projekt untersuchten Implementierungsstrategien sind alle kohärent, wie unsere Untersuchungen gezeigt haben.» 

Wie würde denn eine inkohärente Strategie aussehen? Inkohärent sei eine Strategie, wenn sie die Situation nicht richtig einschätze, antwortet Clack. Wenn eine Strategie zum Beispiel davon ausgehe, dass eine tiefe Darmspiegelungsrate auf fehlendes Wissen in der Bevölkerung zurückzuführen sei, anstatt in Betracht zu ziehen, dass die Gastroenterologen vor Ort schon ausgelastet seien und nicht noch zusätzliche Darmspiegelungen durchführen könnten. Wer in so einer Situation eine Aufklärungskampagne startet, setzt die Ressourcen nicht zielführend ein. 
 

Anlass, um die eigene Praxis zu hinterfragen 

Clack hat die Zusammenarbeit mit den Personen, die an den verschiedenen kantonalen Screeningprogrammen beteiligt sind, als sehr angenehm und fruchtbar empfunden. Die Leute waren nicht nur dazu bereit, ihr und ihrem Team während den Interviews Auskunft zu geben, sondern: «Viele haben die Fragen auch zum Anlass genommen, die eigene bisherige Praxis zu reflektieren und zu hinterfragen», meint Clack. 

Sie ist in ihrem Forschungsprojekt vielen Ansätzen begegnet, die zukunftsweisend sind. Während etwa im Kanton Waadt personalisierte Empfehlungen für Früherkennungsuntersuchungen entwickelt und geprüft werden, verfolgt der Kanton Luzern ein Modell, das Apotheken eine wichtige Rolle in der Darmkrebsfrüherkennung zuschreibt. Mit ihrem Team hat Clack auch an Vernetzungsanlässen teilgenommen. Dabei sei ihr «der grosse Durst der Leute voneinander zu lernen» aufgefallen. Clack bleibt motiviert, diesen Durst mit ihrer Forschung auch weiterhin zu stillen. 

Was ist Implementation Science? 

Die Forschung liefert laufend neue Erkenntnisse, die das Potenzial haben, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Doch oft versandet dieses Potenzial, weil die Umsetzung in die Praxis nicht gelingt. Die Implementation Science identifiziert die Barrieren und Hindernisse. Und zeigt auf, wie sie sich aus dem Weg räumen lassen, um Neuerungen im Gesundheitswesen zum Durchbruch zu verhelfen.