Krebsforschung SchweizUnser EngagementWir unterstützen ForschendeBeispielhafte wissenschaftliche VorhabenNicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen von Social Media sehen

Nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen von Social Media sehen

Vielen Gesundheitsfachpersonen widerstrebt es, mit ihren jungen Patientinnen und Patienten online zu interagieren. Aus gutem Grund, denn auf Kanälen wie Instagram oder Facebook ist es schwierig, den benötigten beruflichen Abstand zu wahren. Das sollte Pflegende und Ärzteschaft aber nicht davon abhalten, mit ihren Patientinnen und Patienten darüber zu sprechen, wie sie soziale Medien nutzen, schliesst ein von der Stiftung Krebsforschung Schweiz unterstütztes Forschungsprojekt.

Als so genannte «Digital Natives» nutzen die meisten jungen Krebsbetroffenen Kanäle wie Instagram, Facebook, TikTok oder Twitter, um mehr über ihre Erkrankung zu erfahren und sich im Austausch mit Freunden, Familie oder auch anderen Patientinnen und Patienten gegenseitig zu unterstützen. Mit dieser Möglichkeit zur Selbstermächtigung trügen Social Media zu einem Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen bei, wo die herkömmliche paternalistische Arzt-Patient-Beziehung zusehends einem moderneren und patientenzentrierten Modell weiche, meint die Bioethikerin Eva de Clercq von der Universität Basel.

In ihrem Projekt, das von der Stiftung Krebsforschung Schweiz im Rahmen des Programms zur Stärkung der onkologischen Versorgungsforschung gefördert worden ist, haben Eva de Clercq und ihr Kollege Michael Rost einerseits mit jungen Krebsbetroffenen und mit Gesundheitsfachpersonen in der Schweiz gesprochen und andererseits die wissenschaftliche Literatur zum Thema der neuen Kommunikationsmittel in der Onkologie kritisch gesichtet. Ein dementsprechend differenziertes Bild vom Nutzen der digitalen Vernetzung zeichnen die Forschenden nun.

«Viele Pflegende, Ärztinnen und Ärzte zögern, die Social-Media-Sphäre ihrer Patientinnen und Patienten zu betreten», sagt de Clercq. Denn im virtuellen Raum gehen Welten, die sich im analogen Leben trennen lassen, nahtlos ineinander über. Dieser so genannte «Context Collapse» erschwere es, berufliche Grenzen zu wahren. Wenig hilfreich sei auch, dass die aktuellen Richtlinien und Handlungsempfehlungen auf Verhalten fokussierten, das es zu vermeiden gelte – und die konstruktive Nutzung sozialer Medien ausser Acht liessen.

Gesundheitsfachpersonen sollten sich in Fortbildungen stärker mit mit den Technologie- und Medien-Trends beschäftigen, damit sie im Gespräch mit ihren jungen Patientinnen und Patienten auf Vorteile und Risiken hinweisen könnten, meint de Clercq. Aus ihrer Sicht wäre es wünschenswert, wenn sich medizinische Institutionen und Selbsthilfegruppen von jungen Krebsbetroffenen virtuell stärker vernetzen würden.

Denn leider würden die Bedürfnisse und Vorlieben dieser Patientengruppe noch viel zu oft unterschätzt und verkannt, meint de Clercq. Aus diesem Grund hätten Social Media ein grosses und noch nicht ausgeschöpftes Potenzial, die Versorgung von jungen Krebsbetroffenen auf vielen verschiedenen Ebenen zu verbessern. «Social Media können wichtige Verbündete sein, nicht nur bei der Bereitstellung von Informationen, sondern auch bei der psychosozialen Betreuung und der Befolgung der Therapie».

Projekt-Nummer: HSR-4361-11-2017