Grosses manuelles Geschick
Kappos hat sich diese Techniken im Rahmen von spezialisierten Weiterbildungen an der Universität Toronto in Kanada sowie am Unispital von Brüssel in Belgien angeeignet. Sie erfordern ein grosses manuelles Geschick und ein feines Gespür für die verzweigten und verletzlichen Strukturen in unserem Körper. Dass Kappos über diese Talente verfügt, wusste sie zu Beginn ihres Medizinstudiums noch nicht.
Aber dann besuchte sie im praktischen Jahr mit einem Stipendium zwei angesehene Spitäler in den USA. Am Duke Medical Center sowie an der Mount Sinai Medical School New York half sie als Teil des Transplantationsteams, Organe zu verpflanzen. «Das war eine sehr inspirierende Zeit für mich, in der ich enorm gefördert wurde», sagt Kappos. Sie fand die Arbeit im Operationssaal «motivierend und sehr befriedigend, weil wir Probleme oft direkt beheben können und unsere Resultate auch unmittelbar sichtbar werden.»
Zurück in der Schweiz arbeitete Kappos zuerst in der Allgemeinchirurgie, bevor sie sich in Richtung Handchirurgie und später in rekonstruktiver Chirurgie spezialisierte – und in der «feinen und blutleeren» Mikrochirurgie ihre Berufung fand. «Ich leiste maximalen Einsatz, aber nicht weil ich muss, sondern weil ich darf: Ich fühle mich privilegiert, diese Arbeit ausüben zu können.» Dass sie sich als Frau im traditionell männerlastigen Fach der Chirurgie behauptet hat – und so «im besten Fall auch die nächste Generation junger Medizinerinnen» inspiriert, «empfinde ich als beflügelnd», sagt Kappos.
Nutzen zweifelsfrei belegen
Die Operationen zur Wiederherstellung der Lymphgefässe sind im Katalog der kassenpflichtigen Leistungen nicht aufgeführt. Vor jedem Eingriff gilt es, ein Gesuch um Kostengutsprache zu stellen, das oft angenommen, aber manchmal auch abgelehnt wird. Denn noch gibt es keine Studien, die den Nutzen der mikrochirurgischen Verfahren bei brustkrebsbedingten Lymphödemen zweifelsfrei belegen.
Genau das ist das Ziel der klinischen Studie, die Kappos in Zusammenarbeit mit Brustkrebsüberlebenden entwickelt hat. Geplant ist, dass mehr als 20 Spitäler aus der Schweiz, Europa, Südamerika und den USA über die nächsten Jahre insgesamt 280 Patientinnen in die Studie einschliessen.
Grössere Relevanz dank Einbezug von Patientinnen
Dass sich auch Patientinnen an der Planung der Studie beteiligt haben, macht ihre Studie relevanter, findet Kappos. Denn die Brustkrebsüberlebenden konnten ihr nicht nur rückspiegeln, was für Patientinnen zumutbar ist, etwa wie oft sie für die Nachbeobachtung ins Spital einbestellt werden können. Sondern die Betroffenen überzeugten sie auch davon, als wichtigsten Vergleichspunkt (als den so genannten primären Endpunkt der Studie) auf die Lebensqualität zu setzen. «Ich wollte zuerst das Armvolumen nehmen, weil es sich eindeutig und objektiv messen lässt», sagt Kappos. «Aber ich habe mich umstimmen lassen, denn ausschlaggebend für die Betroffenen ist nicht, um wieviele Zentimeter der Armumfang abgenommen hat. Sondern ob sie ihren Arm wieder besser bewegen können und weniger Beschwerden haben.»