Obwohl alle Zellen des menschlichen Körpers das gleiche Erbgut enthalten, unterscheiden sich beispielsweise die Zellen der Haut von Zellen der Leber oder des Darms, weil in den unterschiedlichen Zelltypen verschiedene Gene aktiv sind. Auch die Alterung geht mit Veränderungen der Genaktivität einher. So werden etwa im Dickdarm mit zunehmendem Alter zahlreiche vor Darmkrebs schützende Gene stillgelegt, wie Kaspar Truninger mit Kolleginnen und Kollegen aus Basel und Warschau entdeckt hat.
Das Ein- oder Ausschalten von Genen hinterlässt im Erbgut biochemische Spuren: Stillgelegte Gene lassen sich oft an Methylgruppen erkennen, die als kleine Anhängsel an den Steuerungselementen von Genen angebracht sind. Auf diese sogenannten epigenetischen Markierungen hat es Truninger abgesehen. Seine bisherigen Resultate zeigen, dass der Lebensstil einer Person die molekularen Alterungsprozesse im Dickdarm beeinflusst. So verzögert beispielsweise die Einnahme von Aspirin die Alterung, Rauchen oder Übergewicht hingegen beschleunigen sie.
In seinem neuen Projekt will Truninger die Anhängsel am Erbgut nutzen, um Polypen und Darmkrebs frühzeitig identifizieren zu können. Denn erste epigenetische Veränderungen sind bereits in der normalen Darmschleimhaut nachweisbar, noch bevor der Tumor tatsächlich ausbricht. «Wenn er früh erkannt wird, ist Darmkrebs heilbar», sagt Truninger. Dass Darmkrebs dennoch zu den tödlichsten drei Krebsarten in der Schweiz gehört, liegt daran, dass die derzeit verfügbaren Vorsorgeuntersuchungen mit Nachteilen verbunden sind und deshalb zu wenig angewendet werden. Sollten sich die biochemischen Alterungsspuren in der Früherkennung von Darmkrebs als nützlich erweisen, könnten epigenetische Untersuchungen viele Leben retten.
Projekt-Nummer: KFS-KFS-3527-08-2014