Krebsforschung SchweizUnser EngagementWir unterstützen ForschendeBeispielhafte wissenschaftliche VorhabenAbwehrzellen umschulen, um Hirntumore zu bekämpfen

Abwehrzellen umschulen, um Hirntumore zu bekämpfen

Glioblastome sind aggressive Hirntumore, die immer noch innert fünf Jahren das Leben von 95 Prozent der Betroffenen fordern. Das liegt offenbar auch an Immunzellen, die den Krebszellen zudienen anstatt sie zu bekämpfen. Es gilt, die Behandlung nicht nur auf die Tumorzellen, sondern auch auf die Immunzellen in deren Umgebung auszurichten, legt ein von der Stiftung Krebsforschung Schweiz gefördertes Projekt nun nahe.

Im Gegensatz zu vielen anderen Krebsarten, bei denen in letzter Zeit grosse Fortschritte erzielt wurden, ist das Glioblastom eine angsteinflössende Diagnose geblieben. Die Hälfte der Betroffenen stirbt innerhalb von 14 Monaten, nur fünf Prozent leben länger als fünf Jahre. Die Patientinnen und Patienten werden operiert, bestrahlt und chemotherapeutisch behandelt – doch leider kann die Medizin nicht viel gegen die Erkrankung ausrichten, auch wenn sie das ganze Arsenal ins Spiel bringt.

«Wir haben gezeigt, dass Immunzellen in der Umgebung eines Glioblastoms nicht nur das Wachstum des Tumors fördern, sondern auch die Wirkungen von Krebsmedikamenten und der Strahlentherapie abschwächen können», schreibt Johanna Joyce im Abschlussbericht ihres Projekts. Diese Immunzellen – die so genannten Tumor-assoziierten Makrophagen oder kurz TAM – machen bis zu 30 Prozent aller Zellen eines Glioblastoms aus. Sie stehen unter dem Einfluss des Hirntumors und seiner Umgebung, so dass sie den Krebszellen helfen, anstatt sie anzugreifen.

Doch nun hat Joyce zusammen mit ihrem Team an der Universität Lausanne nachgewiesen, dass sich das Verhalten dieser Immunzellen pharmakologisch beeinflussen lässt – und damit ihre normalen Krebsabwehrfunktionen wiederhergestellt werden können. In ihren Fachbeiträgen sprechen die Forschenden von einer «Umerziehung der Abwehrzellen», die ihnen in Tierversuchen gelungen ist. Die Substanzen mit dieser umschulenden Wirkung heissen PLX3397 oder BLZ945 – und werden aktuell in klinischen Studien auch erstmals an Krebspatienten getestet.

Ob sich diese Wirkstoffe bewähren und tatsächlich dereinst als Behandlung für Patientinnen und Patienten mit einem Glioblastom zum Einsatz kommen, muss sich noch weisen. Doch schon jetzt steht fest, dass sie im Vergleich mit den aktuellen Therapien wichtige Vorteile aufweisen. Denn heute richten sich die Behandlungen meist direkt gegen Krebszellen, die sich ständig ändern – und deshalb oft Resistenzen gegen die Medikamente entwickeln. Im Gegensatz dazu seien Therapien, die die Wechselwirkungen zwischen dem Tumor und den Zellen in seiner Umgebung unterbinden, ein attraktiver Ansatz, meint Joyce. «Denn Immunzellen sind genetisch normal. Dass sie eine Medikamentenresistenz erwerben, ist weniger wahrscheinlich.»

Projekt-Nummer: KFS-3990-08-2016