Zellen sind hochkomplexe Gebilde mit Tausenden von verschiedenen Eiweissen, deren Konzentration sich ändert, je nachdem, in was für einem Zustand sich die Zellen befinden. Unter diesem Blickwinkel erstaunt es nicht, dass die Antwort auf eine Therapie unterschiedlich ausfallen kann. Das trifft offenbar auch auf die neuen, so genannten gezielten Therapien zu, die sich gegen eine bestimmte genetische Mutation von Krebszellen richten. «Sogar wenn 99 Prozent der Zellen aufgrund der Behandlung absterben und nur ein Prozent überlebt, kann sich daraus eine Resistenz entwickeln», sagt Olivier Pertz, Professor für Zellbiologie an der Universität Bern.
Zusammen mit seinem Team entwickelt er neue Methoden, um das Geschehen in jeder einzelnen Zelle in einem Tumorzellverbund untersuchen zu können. Zu diesem Zweck schleusen die Forschenden fluoreszierende Moleküle – so genannte Biosensoren – in die Zellen ein. Mit einer bestimmten Lichtquelle bestrahlt leuchten die Biosensoren mehr oder weniger intensiv, je nachdem wie stark gewisse Signalwege in der Zelle aktiviert sind. Ein an ein Mikroskop angeschlossener Computer mit Bilderkennungs-Software analysiert dann automatisch, ob die Zelle ruht oder sich – angetrieben vom aktivierten Signalweg – rasch und unkontrolliert vermehrt.
In einem ersten Projekt haben die Forschenden ihr Verfahren an Melanomzellen getestet, die eine für den schwarzen Hautkrebs typische Mutation im BRAF-Gen aufweisen. In ihren Versuchen konnten sie nachweisen, dass es einigen wenigen robusten Zellen gelingt, sich gegen die sogenannten BRAF Inhibitoren zu wehren. Diese Therapieresistenz von einzelnen Zellen führt dazu, dass die Krankheit nach einigen Monaten erfolgreicher Behandlung weiter voranschreitet. «Wir hoffen, dass wir mit unseren dynamischen Einzelzellmessungen einfache Regeln ableiten können, die aufzeigen, wie wir gegen die Robustheit von einzelnen Krebszellen vorgehen können», sagt Pertz.
Die Forschenden planen dieses Verfahren nun auch bei Brustkrebs anzuwenden. In einem soeben bewilligten Projekt schlagen sie vor, die Reaktion von einzelnen Brustkrebszellen auf verschiedene Therapien zu untersuchen. Denn auch bei Brustkrebs stirbt trotz neuen zielgerichteten Therapien noch jede fünfte Betroffene innerhalb der ersten zehn Jahre nach Diagnosestellung. Das neue Projekt wird es den Forschenden ermöglichen, zu verstehen, wie einzelne Brustkrebszellen auf die verschiedenen, verfügbaren Medikamente reagieren. Die Erkenntnisse, so hoffen die Forschenden, könnten helfen, die Sterblichkeit weiter zu senken und neue wirksamere Therapiekonzepte zu finden.
Projekt-Nummer: KFS-3727-08-2015