Wenn radioaktive Strahlen in das Innere von Zellen eindringen, können sie beträchtlichen Schaden anrichten, weil ihre Energie ausreicht, um die Struktur der verletzlichen biologischen Moleküle im Zellinnern zu zerstören. So führt radioaktive Strahlung etwa zu Brüchen in den Erbgutfäden. Für sich schnell teilende Krebszellen sind solche Brüche ein Problem: Wenn sich der Schaden nicht rasch beheben lässt, können die Zellen ihr Erbgut nicht kopieren und auf die Tochterzellen aufteilen. Es droht der Zelltod.
In einem von der Stiftung Krebsforschung Schweiz geförderten Projekt haben die Radio-Onkologin Kathrin Zaugg und ihr Team genauer aufgeschlüsselt, wie sich die Bestrahlung auf Darmkrebszellen auswirkt. Dazu haben sie Zellkulturen mit verschiedenen Strahlendosen und verschiedenen Strahlenintensitäten behandelt. Beträchtliche Unterschiede fanden die Forschenden zwischen Zellen, die zweidimensional (also als einzelne Schicht) in den Kulturschalen gewachsen waren, und Zellen, die sich dreidimensional in kleinen Kügelchen vermehren konnten.
Während die Zellen an der Oberfläche der Kügelchen genau wie die Zellen in der einzelnen Zellschicht sich der Strahlung gegenüber empfindlich zeigten, waren die Zellen im Inneren der Kügelchen viel widerstandsfähiger. Diese Strahlenresistenz führt Zaugg auf die Sauerstoffarmut im Inneren der Zellhaufen zurück: Weil die Zellen an der Oberfläche den Sauerstoff verbrauchen, gelangt nur noch ein kleiner Rest in den Kern der Kügelchen. Die Zellen im Inneren der Zellhaufen passen sich an – und verlangsamen ihren Stoffwechsel und ihr Wachstum. Dadurch aber haben sie mehr Zeit, die Schäden im Erbgut zu reparieren, bevor sie sich wieder teilen.
Wie erwartet, richteten stärkere Strahlendosen grössere Schäden an. Zudem aber entdeckten die Forschenden, dass bei einer gleichbleibenden Dosis auch die Intensität der Strahlen von Bedeutung ist: Eine raschere und dafür intensivere Verabreichung der radioaktiven Strahlung schien den Krebszellen einen grösseren Schaden zuzufügen als die über einen längeren Zeitraum verteilte Strahlenmenge. Doch noch seien weitere Untersuchungen nötig, bevor sich diese Befunde in die Klinik und auf die Strahlentherapie tatsächlicher Patientinnen und Patienten übertragen lassen, meint Zaugg.
Projekt-Nummer: KFS-2901-02-2012