In den Gesundheitswissenschaften gelten Krebserkrankungen als klassisches Beispiel einer komplexen Krankheit: Oft erfordert die aus mehreren Phasen bestehende Behandlung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von zahlreichen Spezialistinnen und Spezialisten. Dabei sind die Übergänge und Schnittstellen – etwa zwischen stationärer und ambulanter Versorgung in einem Spital – die heikelsten Momente in der Betreuung von Betroffenen: Wenn sich die Gesundheitsfachpersonen nicht gut miteinander absprechen, droht eine fragmentierte und unkoordinierte Versorgung – mit hohen finanziellen Kosten, aber schlechten Resultaten. Wie stark sind Krebspatientinnen und -patienten in der Schweiz von diesem Problem betroffen?
Im Rahmen des von der Stiftung Krebsforschung Schweiz ins Leben gerufenen Programms zur Stärkung der onkologischen Versorgungsforschung haben Eva Blozik und ihr Team gemessen, wie sich die Kontinuität in der Versorgung auf die Behandlungskosten, aber auch auf das Hospitalisations- und Sterberisiko von Krebskranken in der Schweiz auswirkt. «Kontinuität tönt zwar sehr abstrakt, aber wir haben gezeigt, dass sie tatsächlich messbar ist», sagt Blozik. Mit ihrem Team hat sie sich über die Abrechnungsdaten der Helsana-Versicherungen, ihres Arbeitgebers, gebeugt.
Zwischen 2014 und 2017 sind von den rund 1,2 Millionen Versicherten 23 515 Personen neu an Krebs erkrankt. Im Schnitt hatten sie in einem Jahr 14 Termine bei ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin und 18 Termine bei verschiedenen Spezialisten. Grundsätzlich ist die Kontinuität der Versorgung hierzulande hoch, in ländlichen Regionen noch etwas höher als in städtischen Ballungsgebieten, errechneten die Forschenden mit verschiedenen statistischen Verfahren. «Die Hauptbotschaft unserer Studie ist, dass die Kontinuität vor allem in der hausärztlichen Versorgung eine wichtige Rolle spielt – und in jeder Hinsicht für bessere Resultate sorgt», sagt Blozik. So verursachen Patientinnen und Patienten, die regelmässig ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt aufsuchen, nicht nur weniger Kosten. Gut betreute Krebsbetroffene haben zudem ein kleineres Risiko, im nächsten Jahr ins Spital eingeliefert zu werden oder zu sterben.
Projekt-Nummer: HSR-4083-11-2016